Es kommt nicht immer so, wie man gerne möchte

Der Hochsommer neigt sich dem Ende entgegen. Morgens lässt sich die Sonne bedeutend länger Zeit, bis sie ihre Strahlen in die Vairea schickt und abends verabschiedet sie sich dafür jeden Tag ein paar Minuten früher. Wir spüren das Ende der Hochsaison aber besonders handfest am Rückgang der Touristen und einhergehend mit viel weniger Musikbeschallung. Denn so plötzlich wie diese am 1. Juli einsetzte, so pünktlich endete das Spektakel am 31. August. Auch die Ankerplätze sind bedeutend weniger stark frequentiert als in den vergangenen 8 Wochen. Und so freuen wir uns auf die kommende, relaxte Zeit, die Luft und das Wasser sind noch genau so herrlich warm, aber es hat einfach überall mehr Platz und Raum.

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Dich nimmt aber bestimmt wunder, was denn unsere Pläne sind. Ganz ehrlich, auch wir sind gespannt, denn wir wissen es schlicht (noch) nicht. 2016 ist wettertechnisch ein ganz komisches, aussergewöhnliches Jahr. Die einzige Konstante ist das Unstete. Irgendwie ist das Wetter im Frühling stehengeblieben. In den schlauen Segelbüchern (und da habe ich viele davon gelesen…) wird die Zeit von ca. Mitte Mai bis Ende August als die perfekten Monate für eine Überfahrt nach Madeira oder den Kanaren gepriesen. Konstante Winde und langgezogene Wellen von Nordost machen die 3 ½ bis 5 tägige Überfahrt zu einer durchaus gut machbaren Erfahrung. Und genau dieses Wetter erwarten wir jetzt seit 4 Monaten, nur es kommt nicht, ganz im Gegenteil. Mitte August da dachten wir, JETZT. Alles schien perfekt. Am 18. August segelten wir von Alvor nach Sagres und ankerten beim Cabo Sao Vicente, bereit für den Schlag nach Madeira. Der Kühlschrank quoll fast über mit Vorgekochtem und auch die Schränke waren gut gefüllt mit Trink- und Essbarem. Alles gecheckt und festgezurrt verbrachten wir die letzte Nacht am Ende der alten Welt, bereit für eine nächste Herausforderung am Folgetag. Am 19. August konsultierte Daniel ein letztes Mal die Wetterdaten, als seine Stirnfalten immer tiefer werden. Das verhiess nichts Gutes. Und tatsächlich, die Ausläufer des Tiefs über England würden uns während mehr als der Hälfte des Weges eine kurz, fiese und sehr hohe Seitenwelle bescheren. Wir fluchen eine halbe Stunde auf das Tief über England, das um diese Zeit dort gar nichts zu suchen hat und brechen dann die Übung wohl oder übel ab. Wir haben dieses Leben gewählt, weil wir Beide Freude daran haben und weiterhin haben wollen. Es wäre für uns kurzsichtig bis blöd, dieses tolle Leben mit einer Hauruckübung zu verderben. Kleiner Nebeneffekt: wir essen drei Tage lang aufgewärmtes Vorgekochtes….

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Rund um das Cabo Sao Vicente hat es drei wundervolle Ankerbuchten, die uns unglaublich gefallen. In jeder liegen wir fast alleine und inmitten ca. 50 Meter hohen Felsen super geschützt. Uns stockt fast der Atem, als wir Fischer oben am überhängenden Felsen entdecken. Nicht auszudenken, wenn die wirklich einen Fisch an der Angel haben… wie bringen die das Tier hinauf und was, wenn der Fisch zu sehr zieht und der Fischer das Gleichgewicht verliert??? Wir hören ein paar Tage von Locals, dass tatsächlich immer wieder Fischer zu Tode kommen!! Zum Glück geht dieses Mal alles gut.

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Unser Kollege Guido Mejs arbeitet den Sommer über als Diveguide in Sagres und wir freuen uns, dass er uns an Bord der Vairea besuchen kommt. Mit dem Dingi fahren wir an die gegenüberliegende Bucht, um ihn dort am Strand der Praia de Belixe abzuholen. Das Anlanden bereitet keine Probleme, doch als wir drei das Beiboot ins Wasser zurückschieben wollen, rollen wie aus dem Nichts über ein Meter hohe Brecher heran. Innert kürzester Zeit haben wir keine trockene Faser mehr am Leib und ein ums andere Mal droht unser Beiboot zu kentern. Mit vereinten Kräften schaffen wir es dann doch noch hinaus, hinüber zur Vairea, aus den triefenden, salznassen Kleidern und unter die Dusche. Wir haben schon von diesem Wellenphänomen gehört, es aber bis dato nie erlebt. Eindrücklich, aber bitte keine Wiederholung mehr.

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Wir haben für uns gemerkt, dass Bewegung essenziell ist und uns das Segeln vom zermürbenden Warten befreit. Der schon fast verzweifelte Blick auf die aktuellen Wetterdaten gleich nach dem Aufstehen wurde zu einer Obsession, die uns Beiden nicht gut tat. Und so segeln wir unterdessen dahin, wo der Wind uns treibt. Die letzten Tage blies er ostwärts und wir lagen ein paar Tage in Faro, vorgestern segelten wir dann mit westerlichen Winden wieder zurück nach Portimao, von wo ich diese Zeilen schreibe. Auch sehe ich es als eine Aufgabe für mich als ungeduldigen Menschen, mich zu fügen und zu warten. Mehr noch, darin sogar einen Sinn und Zweck zu entdecken. Und so bin ich für mich weiter gewachsen und kann mich daran richtig erfreuen.

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Wir haben unterdessen für jede Wettersituation eine Idee im Rucksack:

Kommt das stabile Wetterfenster, dann segeln wir mit Freude entweder nach Porto Santo oder direkt auf die kanarischen Inseln und werden den Winter dort verbringen.

Sollte das stabile Wetterfenster mit perfekten Bedingungen nicht mehr kommen, geniessen wir solange es nicht zu kalt ist das segeln und die verschiedenen Ankerplätze entlang der Algarve und der Costa de la Luz. Anschliessend suchen wir uns eine Marina.

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So oder so verbringen wir voraussichtlich 1 bis 2 Monate in der Schweiz. Ich freue mich schon jetzt wie eine Schneekönigin auf Familie und Freunde und bin gespannt, wen von euch wir alles treffen werden.

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