Chegou a Portugal – angekommen in Portugal

Von Ayamonte nach Faro / Ilha da Culatra

Es gilt ernst mit “Adios Espana”, am 1. Juni ziehen wir in der Marina von Ayamonte die portugiesische Gastlandflagge auf. Bei herrlichem Wetter und einer schönen Brise segeln wir bis kurz vor die Einfahrt von Faro. Ankermöglichkeiten gibt es viele in diesem weit verzweigten Flussdelta, wir entscheiden uns für das grosse Ankerfeld vor der Ilha da Culatra. Dort liegen bereits etwa 20 Yachten, bei einigen sind Segler an Bord, viele sind aber abgestellt und verwaist. Nach einem kleinen Abendessen und der Installation des obligaten Ankeralarms sinken wir müde ins Bett. Aufgrund der Zeitverschiebung sind wir anderntags schon früh auf und geniessen den herrlichen Sonnenaufgang. Drüben, gleich ennet der Bucht liegt der grössere Ort Olhao und dort soll es eine prächtige Markthalle geben. Der Besuch sei ein Must, wurde uns vielfach geraten. Nach dem obligaten Blick in den Tidenkalender brausen wir kurz darauf mit dem Dingi los. Ein vorausfahrendes Fischerboot erweist sich als ideales Navigationsgerät zwischen Sandbänken und Untiefen hindurch. Ohne den Vorfahrer wären wir wohl auf ziemlich verlorenem Posten gestanden .….Das Angebot und die Frische der angebotenen Produkte, sowohl Früchte, Gemüse, wie auch Fisch und Krustentieren begeistern uns und nach kurzer Zeit sind unsere Einkaufstaschen rappelvoll. Nach einem Kaffee mit Milch, oder wie man hier sagt, einem “Cafe con lejt” passen wir auch für den Rückweg einem Fischerboot ab und hängen uns dran, sicher ist sicher.

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Nachdem alles verstaut und eingeräumt ist, setzen wir über auf die Insel Ilha da Culatra. Anlegen können wir bei den vielen Fischerbooten. Von sofort auf gleich wähnen wir Zwei uns nicht mehr in Europa. Daniel meint, so stelle ich mir die Kapverden vor. Das Augenscheinlichste: es ist still, sehr still. Weder laute Stimmen noch Musik, nur der Wind. Und Sand! Sand vor und zwischen den niedrigen Häuser der Fischer, den paar Restaurants, der Kirche, den zwei, drei kleineren Läden und der Grundschule. Sand links und rechts der Steinplatten, welche als “Weg” durch den Ort führen. Sand einfach überall. Uns ziehts weiter, über eine lange Holzbrücke in Richtung Atlantik und Strand. Und dann stehen wir da und wollen nur schauen! Nach links und nach rechts, kilometerlanger, menschenleerer Sandstrand! Unterbrochen nur durch mehrere Lagunen mit türkisfarbenem, klarem Wasser die zum Baden einladen. Nein, das ist nicht die Karibik, das ist die Algarve, das ist Portugal.

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Am 3. Juni zeigen sich dann zum ersten Mal die Schattenseiten dieses schönen Flecks; denn das erste Schiff vor Anker reisst sich los. Aufgeschreckt durch Hupgeräusche vom Nachbarschiff schauen wir fasziniert-entsetzt zu, wie der englische Einrümpfer knapp an uns und dann weiteren Booten vorbei ins hintere Ankerfeld driftet. Kurz danach wiederholt sich das Schauspiel, eine weitere Yacht driftet, touchiert ein Boot und verhakt sich dann mit einem weiteren. Das alles moderaten Bedingungen, knapp 20 Knoten Wind und 5 Meter Wassertiefe! Eigentlich unverständlich, aber einige Yachten führen einen Anker mit, der dieser Beschreibung spottet und eher die Bezeichnung „Seegrasrechen“ verdient hätte. Denn aus Seegras besteht der Ankergrund vornehmlich. Ist der Anker einmal los, gleitet er nur noch über das Seegras, gräbt sich nicht mehr ein und der Mist ist gefahren. Wir beschliessen, bei Wind unsere Vairea nicht mehr zu verlassen und können einfach nur hoffen, dass es nicht Nachts zu solchen Mannövern kommt.

Den bestmöglichen windarmen Tag nutzen wir dann und fahren mit der Eisenbahn von Olhao nach Faro. Es ist Sonntag und der Ticketschalter an der Bahnstation ist verwaist. Kein Problem, meint der freundliche Portugiese. Sollte ein Kondukteur kommen, dann bezahlt ihr, ansonsten halt nicht. Ach so….Die uralte Diesellok stampft und ruckelt der Küste entlang und bereits 15 Minuten später sind wir am Ziel, ohne bezahlen. Der Ort ist hübsch, wenig touristisch und sehr verschlafen. Die meisten Sehenswürdigkeiten haben leider geschlossen. Dagmar und Edip von der SY Nanumea halten unterdessen ein Auge auf unsere Vairea, aber es blieb zum Glück ruhig im Ankerfeld.

Ein paar Tage später, wir sind eben vom Besuch der nebenan liegenden Insel Farol wieder zurück, frischt der Wind kontinuierlich auf. Wir ahnen ungutes, als es passiert. Praktisch direkt vor uns prallt eine losgerissene, grössere Segelyacht in ein kleineres Boot. Gefahr droht, dass sich nun beide Yachten losreissen und dann liegen wir absolut ungünstig. Jetzt reicht’s uns endgültig und wir gehen Anker auf. Der Kanal Richtung Faro sieht auf den See-Karten zwar sehr schmal aus und doch wollen wir nach einer Ankermöglichkeit schauen gehen. Je näher wir Faro kommen, umso mehr nimmt der Wind ab. Wirfolgen der rot-grünen Betonnung und sind positiv überrascht wie breit der Kanal in Wirklichkeit ist. Vorbei geht’s am Handelspier und einem parkierten Hausboot, bis wir kurz nach der Tonne 20 drei Yachten vor Anker sehen. Wir loten die Tiefe aus, strahlen uns an und plumps, schon fällt unser Anker in den Sandboden. Da erweist sich eine Notlösung als absoluter Glücksfall! Die kommenden Tage geniessen wir bei herrlichem Wetter und himmlischer Ruhe mit Ausflügen durch das weitverzweigte Wasserlabyrinth. Finden traumhafte, menschenleere Lagunen und Sanddünen. Auch nach Faro fahren wir oft, mit dem Dingi sind es gerademal 5 Minuten.

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Faro – Tavira – Culatra

Als der Wind am 18. Juni dreht, nehmen wir Anker auf und segeln ostwärts, sozusagen zurück. Denn unser Tagesziel liegt nur knapp 25 Seemeilen östlich entfernt und heisst Tavira. Dort soll’s am Praia do Barril in Erinnerung an die Zeit des Thunfischfangs einen Ankerfriedhof geben, der unser Interessen geweckt hat.

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Doch vor dem Besuch gilt es einen geeigneten Ankerplatz zu finden, was sich als nicht einfach erweist. Denn es ist Neumond und entsprechend ausgeprägt sind die Gezeiten. Nach etwa 5 Ankerversuchen macht uns die starke Strömung schlussendlich einen Strich durch die Rechnung, es wird Zeit für den Plan B. Durch den Kanal fahren wir wieder nach draussen und ankern vor dem Sandstrand auf dem offenen Meer. Aber die Anker, die wollen wir uns nicht entgehen lassen. Mit unserem zuverlässigen Dingi brausen wir wieder durch die Einfahrt und den langen Kanal hinunter, bis uns eine Hängebrücke quer über den Fluss stoppt. Wir binden unser Gefährt gut an einem der Brücken-Pontoons fest und machen uns zu Fuss auf Richtung Strand. Und da liegen sie, fest eingegraben in den Sand. Etwa 50 dieser alten, rostigen Anker, die damals zum befestigen der Netze am Meeresgrund verwendet wurden. Für den etwas über 1 km langen Weg zurück wählen wir den Zug, korrekt die Mini-Eisenbahn. Ursprünglich gebaut, um die Güter der Fischereiflotte zu transportieren, befördert sie heute die vielen Strandgänger hin und zurück. Mit 2 Euro sind wir dabei und zuckeln eingepfercht durch die wunderschöne Landschaft bis kurz vor die Hängebrücke. Wir werden viel später bemerken, dass wir mit dem sprichwörtlich letzten Tropfen Benzin zurückgefahren sind. Nach einer problemlosen, ruhigen Nacht nehmen wir anderntags bereits sehr früh den Anker auf und segeln bei herrlichen Bedingungen zurück nach Faro. Noch einmal in die einzigartige Landschaft von Culatra eintauchen und noch einmal im Fischerrestaurant A Taska die beste Cataplana essen, bevor es anderntags nach Portimao geht, auf diesen Genuss freuen wir uns.

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Ilha da Culatra – Portimao

Wie oft sind wir schon durch den Kanal von Faro hinein- oder hinausgefahren… immer problemlos. Doch solche Bedingungen wie an diesem Morgen haben wir noch nie erlebt. Denn da trifft das ablaufende Wasser auf den eingehenden Schwell und erzeugt wahre Brecher in der Einfahrt. Fischer, die es auf ihren einlaufenden Booten wild umherwirft, deuten aufgeregt mit Handzeichen auf die Wellen hin. Wir habens gesehen….. Mit hohem Tempo gehts wir voran, durch die enge Einfahrt und die Brecher in die hohe See hinaus. Vairea stampft, schiesst die Wellen hinauf und gleich rasant das Wellental hinunter. Daniel behält das Steuer fest in den Händen und ich versuche mich einfach gut festzuhalten. Nach einigen Minuten ist der Spuk vorbei, die See hat sich beruhigt und wir können das Leichtwindsegel setzen. Heute fahren wir den Wingaker zum erstenmal mit 4 Leinen, somit können wir bei eventuellem Windwechsel shiften und das lästige Einholen sowie wieder neu setzen entfällt. Wir sind hochzufrieden!

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Der Ankerplatz von Portimao ist ein richtiger Hotspot und entsprechend gut frequentiert. So müssen wir halt mit einem etwas schwelligen Ankerplatz vorliebnehmen. Da wir aber ab morgen für drei Nächte im Hafen reserviert haben, stört uns das nicht gross. Hafentage sind Arbeitstage und so sind die kommenden Tage vornehmlich mit schrubben, putzen, polieren, staubsaugen, aufräumen, reparieren, einkaufen, einräumen usw. ausgefüllt. Rund um den Hafen ist kein eingentlicher Ort, sondern eher ein Quartier, das aus einem ellenlangen, wunderschönen Strandabschnitt und unzähligen meist riesigen Hotels, vielen Restaurants, dutzenden Bars, Fremdenzimmern, mehrheitlich irischen Pubs, Souvenierläden usw. besteht. Ein Bummel über den lauten, lärmigen Strip (wie die Hauptstrasse genannt wird) macht zwar Spass, aber wir kehren immer wieder gerne und schnell auf die Vairea zurück. Nach den drei Tagen glänzt unsere Vairea, dass es eine Freude ist, der Kühlschrank und die Vorratsschränke sind gut gefüllt – und so geht es zur Marina raus, kurz quer über den Fluss und wieder auf den gegenüberliegenden Ankerplatz. Dieses Mal liegen wir gut vor Schwell geschützt vor dem kleinen Sandstrand auf der Seite zu Ferragudo hin. Dieser Ortsteil ist so ganz anders, klein, weniger touristisch, sehr hübsch und mit viel Natur. Auch die Fischer sind dort zuhause. Richtig kombiniert, dort gibts bestimmt frischen Fisch. Wir suchen uns das gewünschte Meerestier aus und können mit verfolgen, wie er geschuppt, ausgenommen und auf dem Holzkohlegrill exakt perfekt gebraten wird. Stolz erzählen sie mir, dass es hier den besten Fisch gäbe…. ich koste und muss ihnen recht geben, meine Sole schmeckt wirklich mehr als vorzüglich!

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Auf dem Ankerplatz wird’s von Abend zu Abend immer lauter, mit jedem Tag nimmt die Lautstärke der Musik zu, aber unterdessen scheppert’s und wummert’s nicht nur aus einer Richtung, nein, es hat ein wahrer Soundmix von überall her eingesetzt. Daazu wirds auch in der Nacht immer lauter und so wird es Zeit für uns, einen Schritt weiterzugehen.

Portimao – Alvor

Kurz vor dem Mittag nehmen wir Anker auf und segeln unserem Tagesziel entgegen, das wir bereits knapp 2 Stunden später erreichen. Ziemlich schnell nachdem wir Portimao hinter uns gelassen haben, nimmt die hässliche Küsten-Verbauung ab und es dominieren die für die Region so typischen rötlichen Felsen und die herrlichen Sandstrände. Die Einfahrt zum Ankerplatz ist dann wieder sehr eng und trotz Hochwasser tasten wir uns sehr vorsichtig von Boje zu Boje und an den Sandbarren vorbei Richtung Alvor. Das Ankerfeld ist gut belegt, aber wir finden zwischen drei Katamaranen noch einen Platz. Bereits vier Stunden später beobachten wir fasziniert, wie die nun herrschende Ebbe das Bild komplett verändert hat. Wo eben noch ein riesiger See lag, ist jetzt nur noch Sand. Übersät mit Frauen und Männern in gebückter Haltung, alle bewaffnet mit kleinen Schaufeln und Kessel. Wir werden einige Tage später erfahren, dass sie nach Muscheln graben.

Nach einer wohltuend ruhigen Nacht machen wir uns dann auf den Weg, den Ort zu entdecken. Alvor ist zwar auch ein Ferienort, aber einer für Famillien, Ruhe- und Sportsuchende. Und es wird hier auch gewohnt und daher ist es ein lebendiger, portugiesischer Ort.

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Langfahrtsegler treffen sich immer, irgendwo wieder. Dieser Satz stimmt und wir freuen uns, June und Gary vom Katamaran Friendship wieder anzutreffen. Die Beiden liegen schon einige Wochen vor Anker und June, die resolute Engländerin kann genau sagen, was es wo gibt. Und dass wir mitkommen, Fussball schauen im Sports Cafe ist eh klar…es ist Europameisterschaft, die Schweiz sowie England bereits aus dem Rennen – eh logisch, dass wir uns mit dem Gastgeber solidarisieren.

Der Ankerplatz ist durch eine Sanddüne vom Atlantik getrennt. Genau wie in Rota, Sancti Petri oder El Rompido wurden Holzstege verlegt und so können wir auf einem Rundwanderweg Richtung Einfahrt 6 Kilometer zu Fuss zurücklegen. Im Gegensatz zum Wasser am Ankerplatz ist das des Atlantiks glasklar und wir marschieren fast täglich mit Sonnenschirm und Badetuch los. Am 4. Juli ist Leermond und der Wasserstand unter Vaireas Kiel beträgt noch genau 30 cm. Spannende Momente sind das, besonders wenn alles gut gegangen ist. Anderntags läuft die SY Nanumea mit unseren Freunden Dagmar und Edip ein. Die Beiden bringen uns als Überraschung wunderschöne T-Shirts mit dem Konterfei der Vairea mit. Einige Tage sind wir alle  zusammen auf dem österreichischen Katamaran Two Wings von Ingrid und Wigbert zum Fischessen eingeladen. Wir beschliessen, dass das Dreiländereck Deutschland-Österreich-Schweiz per sofort an der Algarve liegt. Jedenfalls das kulinarische, denn der von Wigbert zubereitete Fisch schmeckte vorzüglich.

Jetzt liegen wir bereits 20 Tage hier. Uns wurde noch nie langweilig, geschweige wurden wir des Ortes überdrüssig. Ganz im Gegenteil, wir können uns im Moment keinen besseren Ankerplatz vorstellen. Es ist Hochsaison mit Pik im August, überall ist’s oder wird’s voller, aber wir liegen hier aktuell fast alleine vor Anker. Denn da hinein wagen sich nicht viele Schiffe, schon gar keine Einrumpfboote mit viel Tiefgang. Wir müssen uns nie Gedanken zum Wind machen und Schwell verursachen nur die aus- respektive einlaufenden Motor- oder Fischerboote am Morgen und Abend. So schielen wir hier völlig relaxt immer mal wieder auf die Wetterdaten, doch von einem stabilen Azorenhoch (was normalerweise im Juli voll ausgebildet ist) ist weit und breit nichts zu sehen. Da wir den Teufel tun und bei schlechten Bedingungen weitersegeln, geniessen Capitana und Capitano weiter wundervolle Stunden und Tage an der Algarve. Zudem ist Capitana auf Hundekot (kein Scherz) ausgerutscht und hat sich ein weiteres Mal die Bänder an- oder durchgerissen. Wie auch immer, an segeln ist vorderhand (noch) nicht zu denken.

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