Auf der Insel des Seefahrers Lanzarote da Framqua, alias Lancelotto Malocello

Als sich am 22. Juni beim Anlaufen von Gran Canaria sehr früh am Morgen das grossstädtische Las Palmas aus dem Dunst schält und seine unzähligen Hochhäuser, die wilden Überbauungen und dominanten Hafenanlagen preisgibt, gehen meine Gedanken noch einmal zurück zum beschaulichen und landschaftlich sehr behüteten Lanzarote.

Ich erinnere mich an den ersten Eindruck von dieser Insel. Ein karger Norden mit trotzigen Felswänden und eher eintöniger Landschaft, alles erinnerte ein wenig an die unnahbare, fast abweisende Westküste Sardiniens. Das war meine Empfindung von See aus, als wir uns nach einigen Tagen vor Anker auf La Graciosa gegen Süden aufmachten. Fairerweise muss ich aber sagen, dass der Unterschied vom überladenen, üppig blühenden Madeira zur kargen Lavainsel Lanzarote nicht grösser hätte sein können. Doch je weiter südlich wir vorankamen, umso mehr öffnete sich die Insel, wurde weicher und einladender. Besonders ulkig sahen die grünen und gelben Autobusse, hier Guaguas genannt, in der Landschaft aus. Mit ihren knalligen Farben gaben sie einen starken Kontrast zum Pechschwarz der Lavafelder und erinnerten mich an die Matchbox-Autos und die Carrera-Autobahn meiner Brüder. Wir freuten uns sehr auf einige Tage in der Marina Rubicon. Mit dem Hafenleben ist zwar immer Arbeit wie Schiff schrubben, Wäsche waschen oder Grosseinkäufe verbunden, es bietet aber auch ganz viel Komfort, wie endlos Strom und Wasser ohne mit einem Auge auf den Tank zu schielen. Dass unsere Freunde Cony, Marcel und Gino mit ihrer SY Marelia auch in dieser Marina festgemacht hatten, steigerte meine Freude zusätzlich. Hatte ich doch den süssen kleinen Kerl zum letzten Mal in La Linea als winziges Baby gesehen. Die Marina ist Teil der Playa Blanca, ein zwar hübsches, aber sehr touristisches und schnell wachsendes Touristenzentrum. Bei einem ersten Rundgang fragte ich mich, warum sich die Besucher aus dem angelsächsischen Raum einfach nicht mit der Sonnencrème anfreunden können….. Es wimmelte von roten Bäuchen, verbrannten Schultern, Nacken, Dekoltées und zündroten Nasen. Die Schmerzen versuchten sie dann am Abend laut und falsch in der nahegelegenen Karaoke-Bar loszuwerden. Was uns wiederum Ohrenschmerzen beschert.

Anderntags ging es der armen Vairea an die hartnäckige Salzkruste. Wir schrubbten uns innen wie aussen fast einen Wolf, aber irgendwann glänzte unser Zuhause wieder wie neu. Zur Belohnung fuhren wir mit dem Bus zum Flughafen und holten uns dort den Mietwagen ab. Der Erkundung Lanzarotes stand somit nichts mehr im Wege. Erstes Ziel war die Hauptstadt Arrecife. Wir schauten uns die dortige Marina an und erkundigten uns über die Liegemöglichkeiten. Falls wir länger in Lanzarote bleiben würden, wäre dieser Ort durchaus eine Alternative. Man liegt dort nicht in einer Tourismusblase, sondern in einer lebhaften Stadt.

Die zentrale Figur Lanzarotes ist der Künstler, Naturschützer und Architekt César Manrique. Ihm verdankt die Insel die Unversehrtheit vom sonst üblichen Bau- und Verschandlungswahn. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind alle Gebäude auf der Insel weiss, die Tür- und Fensterrahmen wahlweise braun, grün oder blau gestrichen. Der Künstler, der 1992 starb, hinterliess einige Zeugen seines Schaffens, die wir besuchten. „Jameos del Agua“, Teil eines riesigen Höhlensystems, ist eine Kunst- und Kulturstätte, die sich im Innern eines Vulkantunnels befindet. Wir fanden die Anlage zwar spannend, aber mit einem Hauch zu viel Kitsch. Viel mehr zu überzeugen, ja sogar zu begeistern vermochte Manriques Haus, das besichtigt werden kann. Ich würde dort ja sofort einziehen, nur wollte man mich nicht haben. So zogen wir halt weiter, von Haria ging es nordwärts zum Aussichtspunkt „Mirador del Rio“. Der Blick hinüber nach La Graciosa und der Ankerbucht Playa Francesca, wo wir einige Tage zuvor anlandeten, war beinahe dramatisch schön.

Zwei grosse Vulkanausbrüche, 1730 und 1824, prägen das Aussehen Lanzarotes. 1974 wurde dort wo die Ausbrüche passierten, der Nationalpark Timanfaya gegründet und den gingen wir besuchen. Aber anders als zum Beispiel auf Hawaii ist es verboten, sich innerhalb des Parks zu bewegen, zu wandern oder zu laufen. Nur per Auto gelangt man auf den Gipfel, zahlt Park-Eintritt und steigt in einen Bus um. Mit dem ging es auf eine rund 30-minütige Rundfahrt ohne Ausstiegsmöglichkeiten. Fotografieren durch Glasscheiben ist doof und es resultieren meist unbrauchbare Bilder, leider.

Etwas ganz Besonderes ist der Weinanbau auf Lanzarote. Im Gebiet von La Geria wachsen immer zwei Rebstöcke in einem kleinen Einzelkrater auf Vulkanasche. Um diese Lavakrater herum sind Steine aufgeschichtet, die die Rebstöcke gegen den starken Nordostpassat schützen. Die Weine können in diversen Bodegas verköstigt werden. Der Rotwein konnte uns so überhaupt nicht überzeugen, eine Flasche Rose jedoch fand den Weg nach Hause in die berüchtigte Alkoholbilge.

Und schon wurde es wieder Zeit, den Mietwagen abzugeben. Das Timing war perfekt, denn am 21. Juni waren gute Bedingungen angesagt, um nach Gran Canaria zu segeln. Leider hiess das aber auch Abschied von unseren Freunden nehmen, die noch etwas in Lanzarote verweilen. Wann werde ich Gino wohl wieder sehen? Hoffentlich vergeht nicht abermals so viel Zeit bis zum nächsten Wiedersehen. Am Tag vor dem nächsten ca. 15-stündigen Segelschlag verholten wir uns ums Eck zur schönen Ankerbucht Playa Papagayo und genossen dort die letzten Stunden, bevor wir um 19 Uhr den Anker hoben und Lanzarote fürs Erste Adieu sagten. Gran Canaria, wir kommen!

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