Der arme Blog wurde sträflich vernachlässigt und fristete in letzter Zeit ein verwaistes Dasein. Zuerst fehlte mir die Energie zum schreiben und dann die Zeit. Doch mit dem heutigen Tag ist das vorbei, es gibt einiges aufzuarbeiten und die Finger fliegen beinahe über die Tasten. Exakt mit dem Beginn der Hurrikansaison starten wir am 1. Juni wiederholt zum runden von Cape Hatteras mit dem Ziel Phoebus. Dieses Mal ist die Anspannung deutlich geringer wie noch im Vorjahr. Es überwiegt die Hoffnung, dass sich das prognostizierte gute Wetter auch erfüllt. Etwas Aufregung kommt nur auf, als die Angelschnur um 12 Uhr ausrauscht. Unter der gleissenden Mittagshitze kurbelt der Captain tapfer, schweissnass und etwas kurzatmig 20 Minuten lang, immer in der Hoffnung, dass bitte kein Barakuda an dem Haken zappelt.
Und tatsächlich, er wird für die Plackerei mit einem wundervollen Blauflossentuna belohnt. Daniel strahlt über beide Backen während er den Fisch gekonnt filetiert, während ich kaum zusehen kann und mich viel lieber um die Schiffsführung kümmere.
Das bei Seglern etwas gefürchtete Kap zeigt sich dann auch dieses Mal zahm und ruhig, als wir es mit dem letzten Büchsenlicht runden. Auch der zweite Tag auf See beschert uns die vorhergesagten guten Bedingungen. Vor allem werden wir vor diesen so gefürchteten Gewitterfronten verschont. Ein schönes Gefühl ist es, als der Anker nach knapp 200 Seemeilen kurz vor 18 Uhr bei Hampton Old Point ins Wasser fällt. Just als wir das leckere Sashimi unseres gefangenen Tunas geniessen zucken die ersten Blitze über den unterdessen schwarzen Himmel. Der Wind frischt kurzzeitig auf, doch das Unwetter zieht glücklicherweise an uns vorbei. Welche grosse Freude dann nach dem Aufstehen anderntags. Mellie und Frank sind mit ihrer SY Ventura in der Nacht trotz Unwetter gut angekommen und gleich hinter uns vor Anker gegangen.
Phoebus
Zusammen mit den Beiden und Norbert vom amerikanischen Katamaran It’s Time geniessen wir im nahe gelegenen Mango Mangoes unser Frühstück. Anschliessend bummeln wir durch den kleinen Ort Phoebus. Den Abend verbringen wir alle zusammen in der Oozlefinch Brewery bei kaltem Bier und mitreissender Country Musik. Am darauffolgenden Samstag heisst es dann nach einem gemeinsamen Kaffee auf der It’s Time wieder einmal Abschied nehmen. Die sind per se doof, von liebegewordenen Freunden aber ganz besonders. Doch wir sehen uns ganz bestimmt wieder, versichern wir uns mit Tränen in den Augen, bevor die Ventura ihren Anker hebt und den Weg nach New York unter die Rümpfe nimmt.
Wir verweilen noch zwei Tage vor Phoebus bevor wir uns dann vor den Ort Norfolk legen. Gerade einmal sechs Boote liegen hier direkt vor dem militärischen Hospital vor Anker, unter anderem die SY September, ein Schweizer Boot. Man könnte annehmen, dass der Stadtteil Downtown ähnlich wie in europäischen Städten lebt und brodelt. Doch weit gefehlt, die Strassenzüge wirken leer und fast ausgestorben, hauptsächlich Büro- und Verwaltungsgebäude dominieren. Am frühen Abend brausen dann Elgard und Klaus von der SY September mit ihrem Dinghi heran und besuchen uns für einen gemeinsamen Sundowner.
Willkommen Henry Rafael
Unterdessen wieder vor Phoebus vor Anker sind die kommenden Tage dann vor allem gefüllt mit diversen Vorbereitungsarbeiten für die anstehenden Wochen in der Marina und meinerseits mit nervösem Warten. Denn der Geburtstermin unseres Enkels rückt immer näher und ich werde immer hibbeliger. Am 10. Juni um 15.01 Uhr ist es dann endlich soweit, herzlich Willkommen auf dieser Welt Henry Rafael! Ich bin überglücklich und erleichtert, dass meine Tochter und ihr wunderschöner Sohn wohlauf sind und kann es kaum erwarten, die Beiden in die Arme zu schliessen. Doch zuerst heisst es Vairea in der Little Creek Marina gut zu vertäuen. Es dauert und dauert, bis mein Captain auch mit der hintersten und letzten Leinenführung zufrieden ist. Aber recht hat er, denn Vairea bleibt doch immerhin 6 Wochen in der Box. Mit einem Ubertaxi fahren wir anschliessend zum Flughafen Norfolk um unseren Mietwagen für die kommenden drei Tage abzuholen.
Vor dem Schalter der Autovermietung und durch die ganze Halle wälzt sich eine riesige Schlange von über 100 Wartenden. Welch unangenehme Überraschung. Doch nach knapp zwei Stunden sind dann endlich auch wir an der Reihe und können unseren fahrbaren Untersatz übernehmen. Alles einkaufen und erledigen was schwer und unhandlich ist solange wir den Mietwagen haben. So lautet der Plan für die kommenden Tage. Am Abend des 13. Juni ist dann alles gepackt, der Kühlschrank leergefuttert, in den Schränken duftet die frischgewaschene Wäsche, die leeren Gasflaschen sind wieder gefüllt und Vairea bereit, sechs Wochen ohne uns auszukommen.
Auf in die Ferien
Ein letzter Kontrollgang und dann brausen wir zum Flughafen. Doch zuerst heisst es wieder einmal warten. Der Zubringerflug nach Chicago kommt und kommt nicht und der komfortable Zeitpuffer schrumpft wie Eis an der Sonne. Und so wird nichts mit einem gemütlichen Umsteigen, nein Tschudins legen am grossen Umsteigeflughafen einen veritablen Spurt hin. Der Swissflieger hebt dann pünktlich um 21 Uhr mit uns ab, Zürich – wir kommen!