Und wieder eine Nachtfahrt

Ein weiteres Mal müssen wir uns mit Stäbchen in der Nase bohren lassen. Dieses Mal stochert die Laborangestellte sogar in beiden Naseneingängen, dafür verwendet sie wesentlich dünnere Stäbchen als noch bei den vorangegangenen PCR-Tests. Erstens unangenehm und zweitens muss man noch viel Geld dafür zahlen, knurrt mein Captain. Nichts gefunden, lautet das Verdikt ein paar Stunden später. Nun gilt es subito alle nötigen Unterlagen für die Einreise in die Bahamas online einzureichen. Was etwas problematisch sein kann, funktioniert bei uns einwandfrei und in weniger als einer Stunde leuchtet der Einreisebutton bei beiden Anträgen grün.

Auch das Ausklarierungsprozedere bei den Behörden in Luperon klappt wieder tadellos und schnell. Einzig von der Navy ist niemand anzutreffen. Und von denen will ja immer Jemand vor dem Ablegen aufs Boot kommen und Fotos schiessen. Fotos schiessen ist den Armada-Angestellten ganz wichtig, keine Ahnung warum und für was es gut sein soll. Juan, der Chef der Behörde, läuft uns dann am Abend im Dorf über den Weg. Wann wir denn auslaufen möchten. Bereits um 7 Uhr in der Früh? Man sieht ihm sein Unbehagen über diese unchristliche Zeit direkt an. Schreibt mir doch einfach eine WhatsApp-Nachricht, wenn ihr ablegt. Das reicht mir. Ja, ja, so kompliziert gestalten sich die Vorgänge in Hispaniola. Wir kehren ein letztes Mal im Wendy‘s ein und seufzen beim Gedanken an die bevorstehende Abfahrt ein paar Mal schwer.

Abfahrt in die Bahamas

Schön war’s in der Dominikanischen Republik, sagen wir uns dann später beim Zubettgehen. Ein wundervoller Sonnenaufgang scheint uns anderntags den Abschiedsschmerz etwas versüssen zu wollen. Die Wetterprognosen passen, der Kühlschrank ist gefüllt und wir bereit für Neues. Noch schnell die versprochene Textmitteilung an Juan abgesetzt, dann legen wir ab. 170 Seemeilen liegen vor uns auf dem Weg nach Great Inagua. Im Kanal kommt uns ein grösserer Fischtrawler entgegen. An Bord stehen mindestens 30 Männer, die Fotos von der Vairea schiessen, fröhlich winken und uns ihre guten Wünsche mit auf den Weg geben. Macht es mir doch nicht noch schwerer Jungs!

Sonnenaufgang in Luperon

Völlig zahm präsentiert sich die Ausfahrt an diesem Morgen des 23. März. Was für ein Unterschied zur Ankunft genau eine Woche zuvor, als sich die hohen Wellen an der Einfahrt brachen. Mir soll es nur recht sein. Flugs setzen wir unseren Spi, endlich kommt unser Leichtwindsegel wieder einmal zum Einsatz. Es prickelt auf der Zunge und kräuselt in der Nase, unzweifelhaft ein Champagnersegeln. Gemütlich lehnen wir uns zurück, geniessen eine weitere Tasse Kaffee und freuen uns, wie Vairea mit durchschnittlichen 7 Knoten durch das Wasser Richtung Bahamas schiesst. Kurz bevor die Sonne Feierabend macht, entscheiden wir uns den Spi auch in der Nacht stehen zu lassen.

Mit dem Spi in die Nacht

Mit dem Spi in die Nacht zu den BahamasBisher trafen die Wind-Prognosen exakt ein und es wird eine mondhelle Nacht, kein Grund also etwas zu ändern. Um 21 Uhr müssen wir unsere Champagnergläser leider zur Seite stellen, der Wind frischt immer mehr auf. Die See tost, der Wind heult, die Brecher knallen ohrenbetäubend an das Brückendeck und Vairea jagt mit 10 bis 12 Knoten Fahrt voran. Es wird deutlich unbequem an Bord und höchste Zeit, das Leichtwindsegel zu bergen. Noch einmal kurz das Einholprozedere besprochen, dann weiss jeder was zu tun ist. Innert Minuten ist unser Wingaker geborgen und verstaut. Jetzt noch das Vorsegel ausgerollt und wir gleiten zwar nur noch mit sechs Knoten, aber dafür deutlich entspannter voran. Ansonsten geht die Nacht unaufgeregt zu Ende und am Morgen haben wir etwas übermüdet die Spitze von Great Inagua erreicht.

Vor der Einfahrt in den kleinen Hafen lassen wir dann unseren Anker zum ersten Mal ins Wasser der Bahamas plumpsen. Ich muss mir mit der Hand die Augen bedecken, so sehr blendet das türkisfarbene Wasser und der blütenweise Sand. Dani hat unterdessen die Behörden angefunkt und die Erlaubnis erhalten, an Land zu kommen. Wir werden am Pier schon vom Immigration Officer erwartet und überaus freundlich begrüsst. Ein Dokument wurde leider nicht ordungsgemäss übermittelt, meint kurz darauf Rica, die nette Dame vom Zoll. Aber kein Problem, sie erledige das gleich selbst für uns. Nimmt das Papier, scannt es ein, telefoniert einige Male und schwups, hat sich die Angelegenheit schon erledigt.

Willkommen in den Bahamas

Willkommen auf den Bahamas, strahlt sie uns an. Auch das noch fehlende Internet ist kein Problem. Sie greift ein weiteres Mal zum Hörer und ein paar Minuten später braust ein bonbonfarbenes Auto auf den Hof. Eine weitere liebenswürdige Dame reicht uns eine persönlich mit Daniel beschriftete Papiertasche und wir sind ab sofort wieder mit der Welt verbunden. Übrigens, den eigentlich nach 5 Tagen fälligen Antigentest könnt ihr problemlos bereits morgen hier auf der Insel absolvieren, informiert uns der zuvorkommende Officer und reicht uns die gestempelten Pässe zurück. Ich habe Euch vier Monate Aufenthalt in den Bahamas bewilligt meint er, grinst und lässt eine Reihe blütenweisser Zähne aufblitzen.

Ankern vor Matthew Town auf Great Inagua

Wir werden von allen Anwesenden umfangreich über die Möglichkeiten auf Great Inagua informiert und buchen noch vor Ort einen Besuch bei den etwa 80000-100000 Flamingos die auf der Insel leben. Kurz nach dem Mittag sind wir wieder zurück auf der Vairea, holen die gelbe Signal-Flagge ein, hissen die neuerworbene Fahne der Bahamas und verholen uns etwas weiter an einen weniger rollenden Ankerplatz. Einfach herrlich ist das, wieder einmal eine Ankerkontrolle in glasklarem Wasser, schwärmt der Captain. Und das Wasser ist so herrlich erfrischend, pflichte ich ihm nach der ersten Runde schwimmen bei. Nun freuen wir uns auf wieder kürzere Tagestörns, von einer Insel zum nächsten Eiland. Seit wir Aruba am 9. November 2020 verlassen haben, hatten wir mit einer einzigen Ausnahme immer längere Törns mit mindestens einer Nachtfahrt. Und darauf kann ich gut und gerne eine Weile verzichten.

Im März 2021 auf dem Weg in die Bahamas

Unsere Reise im Überblick & Unsere Schatzkiste

10 Kommentare zu „Und wieder eine Nachtfahrt“

  1. Nachtsegeln adee!! Tagestörne für die nächsten 4 Monate gesichert. Was für ein Leben⛵️ Geniesst es und lasst es euch gut gehen Mögen wir euch gönnen was sind eure Pläne/Ziele für die Hurrikan Zeit?
    Liebe Grüsse aus Grand Cayman

    1. Vielen lieben Dank Pia! Es sind tatsächlich herrliche Aussichten, die uns in nächster Zeit bevorstehen. Nach dem Erkunden der Bahamas segeln wir an die Ostküste der USA, einmal mit dem eigenen Boot vor der Freiheitsstatue in NY ankern, das ist (m)ein Traum. Vairea werden wir dann im Herbst in der Region Norfolk noch kurz an Land stellen. Freuen uns von Euren Plänen zu hören und grüssen herzlich in die Caymans

  2. Spannend Euer Erlebtes aus deiner Schreibfeder zu verfolgen. Wünschen Euch tolle Tage mit viel schönen Erlebnissen, aber auch Bewahrung.
    Es liebs grüessli Ruth u Rolf mit Dina

  3. Liebe Vairea Crew
    Die Pläne zum Ankerplatz vor der Freiheitsstatue lesend: Wir waren Sommer 2017 dort und haben uns auch eine Nacht direkt vor der Liberty Statue gegönnt. Die SE Ecke wird zwar von vielen Ausflugsbooten frequentiert, aber der Grund hält gut und die Sicht ist einmalig. Die SW Ecke erscheint etwas ruhiger, aber wird von den Fähren im Minuten Takt angefahren und man macht sich sehr unbeliebt als Ankerlieger. In unserem Blog haben wir auch eine Liste mit Liege und Ankerplätzen von derf US Ostküste, evlt. für euch interessant. Können sie auch gerne als Excel zur Verfügung stellen.
    Geniesst es, träume hier im Home Office etwas mit euch

    1. Herzlichen Dank für Eure Zeilen liebe Richard Parker Crew. Und merci für die Tipps und Hinweise, wir sind sehr an Eurer Liste interessiert.
      Nehmt gerne im Traumexpress Vairea Platz, wir reisen gerne mit Euch weiter. Liebe Grüsse, aktuell vor Castle Island/Bahamas

  4. Hallo Ihr zwei,

    Ich muss echt sagen eure Berichte sind unterhaltend, spannend und irgendwie einfach toll zu lesen. Der Schreiber / in hat wirklich eine Hand dafür, mein grosses Kompliment.

    Ich habe euch mal geschrieben, mit Fragen, auf meiner Suche nach dem richtigen Katamaran.
    Ich bin noch nicht fündig geworden 🙂 jedoch schon etwas weiter mit den Erfahrungen.
    Nun sind die Schiffe die mich interessieren schon viel jünger 🙂 ja habe mir sogar schon über neue Kats orientiert. Dies einfach aus der Überlegung, vielleicht etwas entspannter zu reisen und weniger zu flicken. Nun leider ist in dieser doofen Corona Zeit sogar das Boot suchen etwas schwierig. Es ist schon mühsam, schnell wo hin zu fahren und etwas anzuschauen. Doch vielleicht ist das auch gut so und dieses Jahr geht mit der Suche drauf.
    Die Preise sind zur Zeit auch etwas schwierig abzuschätzen.
    Wie auch immer, es kommt gut da glaube ich daran.
    Euch wünsche ich eine super tolle Zeit auf den Bahamas.

    Beste Grüsse
    Peter & Anina

    1. Hallo Anina und Peter, herzlichen Dank für das liebe Kompliment. Wir freuen uns, dass Euch die Beiträge gefallen.
      Auch wir näherten uns schrittweise unserer Vairea. Eure Überlegungen bzgl. eines Neukaufes waren auch die unseren und diese Taktik ist vollends aufgegangen. Wir wünschen uns allen, dass Corona bald Geschichte ist und Euch, dass ihr Euren Katamaran findet.
      Alles Gute und herzliche Grüsse von Acklins Island

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