Zuerst möchte ich Dir erklären, wie es sich rechtlich mit unserer Vairea auf den Gewässern Europas verhält. Dann ist Dir klar, weshalb wir die eine oder andere Entscheidung fällen (müssen).
Unsere Yacht ist in der Schweiz registriert, aber nicht in der EU versteuert. Das Recht besagt, dass das Boot nur 18 Monate am Stück innerhalb der EU verbleiben kann. Dann müssen wir mit der Vairea die Europäische Union verlassen, können aber praktisch gleich wieder zurückkehren. Was wir auch beabsichtigen.
Unsere Frist läuft am 6. Februar 2016 ab, aber Afrika liegt in Gibraltar so nah wie sonst wohl nirgends. Denn auf Sichtweite, wenigstens bei schönem Wetter liegt Marokko. In Smir wurde eine neue Marina gebaut und dort wollen wir hin. 11 Tage vor Ablauf der Frist legen wir bei herrlichem Wetter ab. Wir werden zum ersten Mal die Meerenge kreuzen und sind schon sehr gespannt darauf. Kurz nach passieren der Bucht nimmt der Seegang schlagartig zu und wir beobachten spannende und ungewohnte Wellenbilder. Zum Teil ist das Wasser spiegelglatt, aber unmittelbar daneben sprudelt es wild. Urplötzlich schütteln uns 4 Wellen kräftig durch, bevor es wieder ruhiger wird. Je näher wir zur Mitte der Meerenge kommen, nimmt der Strom stetig zu. Als wir die spanische Enklave Ceuta passieren, nehmen die Wellen schlagartig ab und das Wasser ist beinahe spiegelglatt. Die Einfahrt in den Hafen Smir ist etwas tricky und verwirrend markiert. Zum Glück hat Vairea kaum Tiefgang, ein Schiff mit Kiel hätte arge Probleme bekommen. Wir legen beim Hafengebäude längsseits an und Dani geht mit den Papieren einklarieren. Kurz darauf kommt er mit einem Vertreter der Polizei und des Zolls zurück. Fragen nach Waffen können wir getrost mit Nein beantworten, sind ja kein Kriegsschiff. Die zwei Offiziellen, unterdessen ganz brav ohne Schuhe, sind sehr angetan von unserem Schiff, stecken überall ihre Nasen rein, loben den Zustand und die Einrichtung und bei uns kommt der Verdacht auf, dass die freundlichen Herren einfach nur neugierig sind. Dafür, dass in der Marina das WiFi nicht funktioniert, es kaum Infrastruktur wie Supermarkt oder geöffnete Restaurants hat, dünkt uns der Preis von Euro 30.00 pro Nacht ziemlich hoch. Was in Marokko aber immer funktioniert, ist das handeln. Und so sind wir überhaupt nicht überrascht, als sich uns fluggs ein älterer Herr als Achmed vorstellt und Touren anbietet. Wir vertrösten ihn auf tags darauf und machen uns auf, die Umgebung der Marina zu erkunden. Dabei stellen wir fest, dass es auch keinen Bankomaten gibt. Wenigstens für das WiFi hat die Dame im Hafenbüro eine Lösung: ich soll mich einfach vor das Büro des Zolls setzen und deren Leitung anzapfen. Funktioniert tadellos und ich bin nach längerem wieder einmal mit dem Zoll verbunden!
Wir haben keine Lust mehr für das Nachtessen ins 10 Km entfernte M’Diq zu fahren und so schmausen wir im nahe gelegenen Hotel eine leckere Tajine.
Die Nacht war herrlich ruhig, denn der Hafen ist nahezu ausgestorben. Aber Achmed, der ist schon wieder hier. Da wir uns aber eh die nahe gelegene Stadt Tétouan anschauen wollten, trifft sich das ganz gut. Wir tauchen mit ihm in die dortige Medina ein, die so komplett anders ist wie im touristischen Marrakesch. In Tétouan leben die Menschen in der Medina und gehen in den Souks einkaufen. Jedes Quartier in der Medina hat eine Moschee, eine Schule, einen kleinen Laden und eine Bäckerei. Die Marokkaner, so erklärt mir Achmed, lieben süsse Backwaren und so kaufen wir uns ein paar der unbekannten Gebäcke. Achmed greift gerne zu, bekundet aber grosse Mühe mit dem verspeisen – Kunststück mit nur noch einem Zahn! Was in Europa auf dem Müll landet, wird in den engen Gässchen des Souks verkauft. Aber auch Früchte, Gemüse, Fleisch, Fisch und sonstige Lebensmittel werden feilgehalten und lauthals angepriesen. Oftmals ist kaum ein Durchkommen oder wir müssen über die am Boden ausgebreiteten Waren und Händler steigen. Wir sind die einzigen Touristen, aber fühlen uns keine Sekunde unwohl. Nun gut, als Achmed mit uns durch eine Gerberei läuft, da wird’s mir ziemlich flau im Magen. Ich will mir gar nicht vorzustellen, wie es dort im heissen Sommer wohl riecht…..
Viel zu schnell gehen die Stunden vorbei und nach einem starken Kaffee, den Kopf voller Bilder und Eindrücke geht’s mit dem Taxi zurück in die andere, moderne Welt – was für ein Kontrast!