Gibraltar – ein Fels zwischen Kommerz und Geschichte

Mit jeder Seemeile, die wir Gibraltar näher kommen, steigt meine Neugier. Ein neues Land, eine andere Sprache und Kultur verspricht eine spannende Zeit. Die Ocean-Marina liegt unmittelbar neben der Flugpiste, doch an Fluglärm sind wir seit unserer Zeit in Kloten längst gewohnt. Wir müssen nicht mit den verhassten, weil meist schlammigen Mooringleinen festmachen, sondern können längsseits anlegen. Zum Glück weist uns der Marinero auf die Tiden hin, die in Gibraltar doch recht beträchtlich sind. Obwohl Januar und ausserhalb der Saison ist die Marin mit vielen Seglern sehr gut besetzt. Gleich nebenan liegt sehr prominent ein grosses Kreuzfahrtschiff, das aber nicht mehr fährt sondern als 5*-Hotel und Casino dient. Da werden wir bestimmt mit dem einen oder anderen britischen Pfund unser Glück versuchen. Und die offene Bar zuoberst bietet bestimmt eine sensationelle Sicht über das Hafenbecken. Nur wenige Schritte von unserem Anlegeplatz entfernt sehen wir diverse Restaurants und Bars sowie Einkaufsläden, wir sind also wieder einmal „direkt im Chueche“.

Beim ersten Gang durch die Main-Street dieser kleinen Stadt fühlen wir uns sehr an das bündnerische Samnaun in den Schweizer Bergen erinnert, nein es hat definitiv keinen Schnee in Gibraltar! Aber auch hier, in diesem Tax-Free-Paradies locken Zigaretten, Alkohol und Parfums mit Dumpingpreisen. Unsere kleine Bordbar freut sich über leckeren Zuwachs.

Anderntags sind wir schon wieder auf dem Weg nach Spanien, aber nicht zu See sondern zu Fuss und lernen dabei eine höchst interessante Grenze kennen. Das englische Gibraltar und das spanische La Linea trennt die Flughafenpiste. Diese dient sowohl den ab- und ankommenden Flugzeugen, wie auch dem Fahrzeugverkehr und den Fussgängern. Bei Flugbewegungen wird der übrige Verkehr beidseits gesperrt, was zum Teil zu langen Verkehrsstaus führt. In La Linea, auf Sichtdistanz von unserer Vairea, liegt der Segelkatamaran „Marelia“ mit unseren Schweizer Segelkollegen Cornelia, Marcel und ihrem neugeborenen Segelprinz Gino Ramon. Auch interessiert uns der Hafen, denkbar dort den Februar zu verbringen.

Anderntags besteigen wir das Cable Car und schweben in 6 Minuten hinauf auf 412 Meter. Schon kurz nach dem Ausstieg aus der Gondel begrüssen uns die ersten Berberaffen. Ueberall wird darauf hingewiesen, dass diese Affen sehr friedlich und nicht aggressiv sind, so lange man ihnen nicht zu nahe kommt, sie weder Futter sehen noch damit gelockt werden. Hätte ich an meine Trinkflasche gedacht, die gut sichtbar in der Aussentasche des Rucksacks steckte, wäre mir ein, sich vom Hosenbein zum Rucksack hochhangelnder Affe erspart geblieben. Doch Dani ist schneller, der Primate hatt das Nachsehen und ich kann behaupten, von einem Affen besprungen worden zu sein. Schade, dass O’Hara’s Geschützbatterie am Sonntag geschlossen ist, so machen wir uns nach 2 Stunden und etwa 50 Affenfotos wieder auf den Weg nach unten.

Der 25. Januar ist Danis Geburtstag und bereits am Nachmittag lassen Conny und Marcel und ich das Geburtstagskind in einer Bar am Hafen hochleben. Am Abend speisen wir sehr lecker im Restaurant des Sunborn-Kreuzfahrtschiffes. Auf dem Rückweg schauen wir im Casino vorbei und ich staune, wie schnell man (Frau) 20 Pounds verzocken kann….. Interessant, dass in diesem Casino weder Ausweispflicht noch Tenuevorschrift besteht. Wir hätten gedacht, dass Mann ohne Sakko der Eintritt verwehrt würde. Aber weit gefehlt….. Man hätte zwar gerne gepflegter bekleidete Gäste, aber die Vorschriften wurden mangels Gäste gelockert.

Gegen einen etwas schwereren Kopf hilft viel frische Luft und so machen wir uns am Folgetag bergwärts auf Richtung Moorish-Castle. Ein schweres Unterfangen, den richtigen Weg durch das Labyrinth von engen und verwinkelten Gässchen zu finden. Doch jedes blinde Huhn findet ein Korn und wir das Castle. Dort macht man uns das Kombiticket schmackhaft und so steht uns ein richtiger Geschichts- und Kulturmarathon bevor. Besonders die World War II Tunnels sind ein eindrückliches Erlebnis. Nur zu dritt marschieren wir während während einer guten Stunde durch die Gänge im Fels. Total 52 Km Tunnels sind insgesamt in den Fels gehauen!! Aber nur ein ganz kleiner Teil steht der Oeffentlichkeit zur Verfügung. Die Great-Siege-Tunnels waren, wie es der Name besagt, durch die britische Armee während der grossen Belagerung durch die Spanier 1779-1783 in den Fels gehauen worden. St. Michaels Cave sind Naturgrotten, die ca. 300 Meter oberhalb Meereshöhe liegen. Ursprünglich sollten sie während des 2. Weltkrieges als Hospital dienen. Zurück in der Stadt machen wir uns noch zur letzten Station des Tages auf und schauen uns die 100 Ton Gun an. Dieses unglaubliche Teil wurde bereits im späten 19. Jahrhundert hergestellt. Für den Besuch der O’Hara’s Geschützbatterie hats auch heute nicht mehr gereicht. Mit dem Bus geht’s zurück in die Marina und an Bord unserer Vairea.

Andertags verlassen wir Grossbritannien bereits wieder, nicht nur ein neues Land wartet auf uns – nein sogar ein neuer Kontinent! Wir segeln nach Afrika!  

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