Wir sind vor ein paar Tagen von St. Thomas wieder nach St. John gesegelt. Und liegen jetzt in der Maho Bay auf St. John an einer Boje. Komplett kostenfrei. Denn seit die Parkverwaltung geschlossen ist, kommt auch niemand mehr zum Einkassieren. Ebenso klebt an jedem der zahlreichen Abfalleimer entlang der Küste ein Zettel mit der Aufforderung, diese nicht mehr zu benützen. Genau, es kommt auch niemand mehr die zu leeren. Jede der etwa 50 ausgelegten Bojen ist belegt. Es herrscht Pause im Paradies.
Und seit kurzem werden die Bojen von Einzelnen gar mit Zähnen und Klauen verteidigt. Die meisten der vorwiegend amerikanischen Boote lassen für ihre Energiegewinnung entweder ihre Hauptmaschinen oder aber die Generatoren laufen. Dieses Vorgehen verlangt nach einer gewissen Zeit Nachschub an Diesel. Genauso wie ihr hoher Bedarf an Eis. Doch damit beginnt ein schwerwiegendes Dilemma. Denn bei Verlassen der Boje droht die Gefahr, dass ein anderer Segler kommt und zuschnappt. Die „Lösung“ heisst Bojen-Besetzen und präsentiert sich täglich mehrfach. Hängen doch jetzt plötzlich während Stunden Beiboote oder Stand-up Paddleboards an den Festmachern. Wir schmunzeln, Macht der Gewohnheit auch in aussergewöhnlichen Zeiten.
Wenn wir den Blick schweifen lassen, könnten wir die spezielle Situation beinahe vergessen. Denn die Natur ist dramatisch schön. Mit unseren Freunden von der Invia teilen wir uns „Sharky“. Der junge Zitronenhai patrouilliert zwischen unseren Booten hin und her. Schildkröten ziehen ihre Bahnen und nicht selten verirren sich Adlerrochen unter die Vairea. Wir sind hier tatsächlich auf der Sonnenseite.
Pause im Paradies nutzt dem Gemüt
Wir haben Privilegien, die ich nicht missen möchte und für die ich täglich sehr dankbar bin. Wir dürfen nach wie vor an Land. Bewegung in der Natur, wandern oder laufen ist gestattet. Schwimmen, schnorcheln, sich mit dem Kayak oder dem SUP fortbewegen? Kein Problem. Das Alles ist Gold wert. Für die Seele, das Gemüt und den Körper. Hilft die Bewegung doch auch, dass das Immunsystem stark bleibt. Ängste werden abgebaut und Panik kommt wohl in diesem Umfeld viel weniger auf. Mir fällt es zunehmend leichter, die Situation in der wir drin stecken zu akzeptieren und die Pause im Paradies auszuhalten. Ich mutiere vom Macher zum Mitmacher oder zur Geschehenlasserin. Noch vor kurzem fast undenkbar. Aber auflehnen oder blinder Aktionismus erachte ich für mich in der jetzigen Phase als kontraproduktiv.
Kräfte bündeln und im entscheidenden Moment bereit sein, lautet unsere Devise. Und so klettern wir mutterseelenalleine die Hügel hinauf und geniessen von einem der zahlreichen Hügel die umwerfende Aussicht. Wandern oberhalb der Cinnamon-Bay durch die Wälder und entlang der Ruinen einer ehemaligen Zuckerrohrmühle. Und wenn man dann doch auf Leute trifft, grüsst man sich mit gebührendem Abstand. Die Regeln sind angekommen und verinnerlicht. Dasselbe gilt bei den Seglern in der Bucht. Man besucht sich weiterhin, verlässt aber jetzt das Dinghi nicht mehr. Social Distancing wie es sein muss.
Wir geniessen, dass mit der Prana Cat und der Invia zwei befreundete Crews hier sind. Monika und Dominique wählen für die Hurrikansaison den Weg nordwärts, mit Ziel USA. Dorothee und Stefan beabsichtigen wie wir zu den ABC-Inseln zu segeln. Doch bis dahin sind es noch einige Wochen. Etliche Tage, die wir hier im karibischen Naturparadies verweilen und geniessen. Mit der Zuversicht, dass wieder unbeschwerte Zeiten kommen. Und in der Hoffnung, dass ihr und wir gesund bleiben!
Sehr schön und einfühsam geschrieben! Geniesst die Freiheit des freien Bewegen. Liebe Grüsse aus Jamaika von der Lupina!
Hallo Pia und Köbi, vielen Dank für die netten Zeilen. Und oh ja, wir sind überaus dankbar für die gewährten Freiheiten! Lasst uns Alle bei bester Gesundheit und fester Zuversicht darauf vertrauen, dass wieder unbeschwerte und fröhliche Zeiten anbrechen! In diesem Sinne herzliche Grüsse von den US Virgins von Bord der Vairea