La Isla Bonita, La Isla Verde und La Isla Corazón – die schöne Insel, die grüne Insel und die Herzinsel, so wird La Palma, die westlichste Insel der Kanaren genannt. Für mich hat sie zuerst einmal einfach die Form eines Zahns.
Die Vorfreude auf ein etwas kleineres Eiland nach den doch deutlich grösseren Inseln Gran Canaria und Teneriffa war gross. Ebenso der Wunsch nach mehr Natur, dafür etwas weniger Industrie, Verkehr und Touristen. Besonders die Anzahl der Besucher je Insel und Jahr könnte dabei nicht unterschiedlicher sein. Teneriffa beherbergt unglaubliche 4,2 Millionen, Gran Canaria deren 3,3 Millionen. 2,2 Millionen Menschen besuchen Lanzarote, 200‘000 weniger Fuerteventura und 180‘000 Besucher zählt La Palma. Nur La Gomera und das kleine Eiland Hierro liegen noch dahinter.
Daniel freute sich noch aus einem anderen, ganz speziellen Grund auf diese Insel. Rund um San Pedro wird Tabak angebaut. Und noch einige wenige Palmeros verstehen die Kunst, Puros (Zigarren) von Hand zu drehen. Es wird behauptet, diese Zigarren stehen den Havannas aus Kuba in nichts nach. Eine gewagte Aussage. Mein Liebhaber guter Zigarren wird sie einer ausgiebigen und langen Prüfung unterziehen.
Bei der Planung schien klar, dass wir den Hafen von Santa Cruz de la Palma anlaufen. Dies aufgrund der Lage an der Ostseite der Insel. Ein Hinweis von meiner Segelkollegin Barbara Witte liess uns aber aufhorchen. Obwohl diese Marina neu ist, stehe immer und sogar bei Windstille dermassen Schwell hinein, dass man seekrank werden könne! Im Internet findet man sogar Berichte von abgerissenen Klampen oder gerissenen Festmachern, unschöne Vorstellungen! Die Alternative ist an der Westseite der Insel zu finden. Der erst vor ein paar Jahren fertiggestellte Hafen von Tazacorte liegt hinter einer sehr fetten Mole. Er geniesst in der Seglerszene einen ausgezeichneten Ruf. Und so sind wir also jetzt hier auf der Sonnenseite der Insel gelandet.
Tazacorte – Geschützt im Westen der Herzinsel La Palma
Der erste Gruss kommt von Federico Ulrich, der zusammen mit seiner Frau Rolande Stützpunktleiter des Trans-Ocean ist, eines Vereins bei dem wir Mitglieder sind. Wir lernen die Beiden als unglaublich herzlich, grosszügig und hilfsbereit kennen. Sie machen uns den Einstieg in diese tolle Insel so richtig einfach. Und das die Beiden Schweizer sind und wir wieder einmal in unserer Mundart schwatzen können ist wie ein Dessert für uns.
Das erste, was mir rund um den Ort Puerto de Tazacorte auffällt sind die Bananenplantagen. Soweit das Auge reicht nichts als platános (wie die kanarischen Bananen heissen). Zum Teil müssen die Fruchtstängel mit dicken Stecken gestützt werden, damit sie nicht abbrechen. Eine piña de platáno erreicht im Schnitt ein Gewicht zwischen 30 und 40 Kilo! Die Topographie der Insel ist sehr speziell und besonders von See aus gut ersichtlich. Oberhalb der enorm steilen, schroffen und zum Teil abweisenden Klippen öffnet sich eine grüne und fruchtbare Hochebene die ab ca. 800 Meter über Meer in die zum Teil sehr hohen Bergketten mit ihren Gipfeln bis 1949 Meter Höhe übergeht. Übrigens, der jüngste Vulkan, der Teneguia, entstand erst 1971 an der Südspitze der Insel. Die Caldera de Taburiente, der gewaltige Bergkessel im Zentrum der Insel gilt als ein Paradies für Wanderer. 2002 wurde das Gebiet von der Unesco zum Biosphärenreservat erklärt wurde.
Der Natur wurde hier (bisher?) Rechnung getragen und auf den Bau von Autobahnen oder Schnellstrassen verzichtet. Der Zustand der Strassen ist hervorragend, aber es braucht einfach seine Zeit. Beim Studium der Busverbindungen von unserem Standort zum Beispiel nach Santa Cruz merken wir, dass ein Mietwagen die deutlich bequemere Variante zum mehrmaligen Umsteigen ist. Bereits am Folgetag stellt uns der nette lokale Vermieter einen kleinen roten Flitzer vors Boot.
Los Llanos de Aridane – heimliche Hauptstadt
Los Llanos de Aridane als Zentrum des westlichen Teils von La Palma gilt immer noch als heimliche Hauptstadt der Insel. Wie vielerorts muss man die autofreie Altstadt auch hier etwas suchen und wie anderswo hilft der Kirchturm. Sehr farbig und teilweise in gewagten Farbkombinationen, so mein erster Eindruck der vielen schmucken Häuser entlang der Plaza Espana. Das zweite, das uns an dieser geruhsamen kanarischen Kleinstadt auffällt, es wird auffällig viel deutsch gesprochen. Die dritte Besonderheit werden wir später erfahren. Dem Dreieck Los Llanos, Puerto Naos und Tazacorte wird das wärmste und regenärmste Wetter auf der Insel nachgesagt. Sozusagen die Sonnenstube von La Palma. Es heisst sogar, dass Tazacorte das wärmste Klima von ganz Spanien habe….. Los Llanos ist jedenfalls seit jeher ein reicher Ort. Dies dank des günstigen Klimas, des reichlich fliessenden Quellwassers und des fruchtbaren Tals.
Auf dem Weg nach Santa Cruz hinüber auf die Ostseite der Insel eröffnet sich oberhalb Los Llanos und El Paso ein ganz besonderes Naturschauspiel, die Cascada. Der Passatwind schiebt die Wolken über den Grat der Cumbre, wo sie sich wie ein Wasserfall und beinahe endlos nach unten stürzen. Wir kommen uns kurzzeitig vor wie in einem apokalyptischen Film. Bei strahlendem Sonnenschein geht’s auf der LP 3 in den Tunnel hinein. Nach einigen wenigen Minuten empfängt uns dann beim Ausgang der Nebel der Passatwolke. Erst ein paar hundert Meter unterhalb löst sie sich wieder auf.
Santa Cruz – Hauptstadt der Herzinsel La Palma
Obwohl der Stadtkern von Santa Cruz de la Palma erst seit 1990 unter Schutz steht, stören nur wenige höhere Gebäude das Bild dieser hübschen und gelassen wirkenden Stadt. Wir bummeln auf Natursteinen durch die Fussgängerzone, die Cale Real. Wir bewundern die eindrucksvollen Patrizierhäuser mit ihren kunstvollen Balkonen. In der Kirche El Salvador besichtigen wir die herrlichen Glasfenster und das beeindruckende Altarbild. Danach steigen wir eine der engen Gassen hinauf zum Museum La Bajada.
Nur alle 5 Jahre, das nächste Mal 2020, feiern die Palmeros die Bajada de la Virgen de Las Nieves, neben dem Karneval das grösste Fest des Archipels. Es heisst, Santa Cruz gleiche dann einem Tollhaus. In einem gewaltigen Umzug wird die Terrakottafigur der heiligen Jungfrau vom Schnee vom Wallfahrtsort Las Nieves etwas oberhalb der Hauptstadt nach Santa Cruz geleitet. Höhepunkt ist aber unzweifelhaft der Tanz der Zwerge. „Danza de Enanos“, ein Höllengaudi, bei dem Männer von Bettlern zu Zwergen mutieren. Vielleicht wünscht sich ja die eine oder andere Palmera ihren Mann in diesem Ensemble.
Zigarren und Kulinarik auf der Herzinsel La Palma
Würde man (explizit Daniel) nebst den Adressen auch den Öffnungszeiten des Zigarrenmuseum und der Zigarrenmanufakturen Beachtung schenken, würden wir nicht überall vor verschlossenen Türen stehen. Die Enttäuschung ist riesig und eine weitere Fahrt nach San Pedro unumgänglich. Und so wird anderntags unermüdlich eine Adresse nach der anderen rund um San Pedro und Mazo angefahren. Zum Teil sind es professionelle Betriebe, teilweise aber private Wohnhäuser wo die meist älteren Palmeros, Männer und Frauen, die Puros drehen. Der Humidor platzt seit diesem Tag aus allen Nähten und unsere Vairea verschwindet öfters hinter einer dicken Zigarrenwolke. Mehr über die Zigarren von La Palma liest man hier.
Ein kluger Spruch zur Kulinarik besagt: „für Fisch ans Meer – für Fleisch auf den Berg“. Da uns unser Heimweg über den Berg führt, kehren wir in einem der wohl urigsten Restaurants von La Palma ein, in der Bodegon Tamanca. Der hintere Teil des mit Lavaplatten ausgekleideten Stollens dient immer noch zur Lagerung des hier produzierten, feinen Weines. Und unter Weinfässern kann man in diesem Lavastollen ganz ausgezeichnet und ausreichend speisen.
Die Herzinsel La Palma ist ein Wanderparadies
Was müssen wir schmunzeln, wenn wir an unsere Wanderung zu den Lorbeerbäumen auf Gran Canaria zurückdenken. Ganz verbissen haben wir damals die letzten, raren Bäume gesucht und wie stolz waren wir, schliesslich einen gefunden zu haben. Hier auf La Palma gibt’s einen ganzen Wald davon! Los Tilos heisst er, führt rund um den Barranco de Agua, ist ein besonderes Schutzgebiet und liegt im Nordosten der Insel. Eine tolle, kleine Wanderung und gerade im Hochsommer ein schattiges Vergnügen zur Cascada de Los Tilos zu wandern. Über eine Steilstufe stürzt der Wasserfall in ein Becken und wird dann in einen Kanal und ein Auffangbecken weitergeleitet.
Los Sauces, der kurz nach dem Loorbeerwald und hoch über dem Meer gelegene Ort kann uns nicht so richtig begeistern, dafür bekommt San Andrés 100 Punkte. Wir fühlen uns ein wenig wie in der Karibik. Bougainvilleen blühen in allen Farben an alten Patrizierhäusern, die schon bessere Zeiten erlebt haben. Hohe Palmen säumen den Weg. Durch den wie vor sich hin dösenden Ort führen Naturstein gepflasterte Wege. Einer sogar steil hinunter bis fast direkt ans Meer. Der Ort bietet eine weitere seltene Besonderheit, eine schöne von Blumenrabatten gesäumte Promenade führt direkt oberhalb der Küste entlang.
Vorbei an Charco Azul, einem der genialen Naturschwimmbecken haben wir Puerto Espindola, den kleinen Fischerhafen nach dreissig Minuten erreicht. Wir sind aber nicht wegen der Fischerboote dort. Nein, der Ort beherbergt die letzte professionelle Rum-Destillerie der Insel. Nach einem Rundgang durch die Brennerei, die uns sehr an diejenige auf Madeira erinnert, können wir die verschiedenen Wässerchen degustieren. Klar verlassen wir die Fabrik nicht mit leeren Händen.
Die schöne, grüne Herzinsel La Palma wird allem gerecht
Um zurück an die Westküste der Insel zu gelangen wählen wir die serpentinenartige Route über den weniger besiedelten Norden. Wir sind schlicht fasziniert von der immer wieder wechselnden Kulisse. Generell ist dieser Teil der Insel aufgrund der grösseren Feuchtigkeit von einem immensen und sehr vielseitigen Grün. Es ist keine Monokultur. Hier gedeihen kanarische Kiefern mit ihren speziell langen Nadeln neben Palmen. Ein blühender Tulpenbaum steht neben einer hohen Kaktee. Wir sind immer gespannt, wie sich die Natur wohl nach dem nächsten Barranco präsentiert und was die Temperaturanzeige sagt.
Caldera de Taburiente – Naturparadies
Das Licht für Fotos in der Caldera de Taburiente ist am schönsten entweder am frühen Morgen oder am späteren Nachmittag. Da wir morgens immer etwas schwer in die Gänge kommen, wählen wir Variante Zwei. Praktisch zudem, denn ab 16 Uhr muss keine Bewilligung mehr für den Parkplatz der Cumbrecita eingeholt werden. Die kleinere Wanderung über den Lomo de los Chazos zum Punta de los Roques wird uns vermutlich als etwas vom Schönsten in Erinnerung bleiben. Ein bombastisches Panorama, eine wohltuende Stille und vor allem ein betörender Geruch der Fichten lässt unsere Herzen aufgehen. Wir wollen und werden mit Sicherheit weitere Wanderungen in dieser unglaublichen Umgebung machen.
Sonntag ist Markttag und der von Argual, einem hübschen Vorort von Los Llanos ist zum einen der Beste und der Beliebteste. Zum anderen ist er nicht weit von unserem Standort entfernt. Also nichts wie hin. An vielen hübschen Ständen wird nebst einigem flohmarktähnlichem aber vor allem meist hochwertige Handwerkskunst angeboten. Diese Märkte sind vor allem ein Verdienst der vielen deutschen Auswanderer. Sie haben diese Art auf die Insel gebracht haben. Die Palmeros haben es dankbar angenommen. So ist heute ein gelungener Mix anzutreffen. Mir sticht eine kleine Auslage mit Schmuckstücken ins Auge. Die Insel La Palma aus Silber oder Gold, zum um den Hals hängen oder als Ohranhänger. Wer könnte da widerstehen? Ich nicht!
Calima – Geisel der schönen, grünen Herzinsel
Die nächsten Tage kommt die Calima. Ein Phänomen, typisch für die Kanaren, drei bis zehn Mal pro Jahr und besonders im Sommer wiederkehrend. Ein Wind, der den Sand der Sahara mit sich trägt. Die Temperatur steigt dabei in höheren Lagen für drei bis fünf Tage auf bis zu 45 Grad an. Manchmal kann man nur noch ein paar hundert Meter weit sehen. Oft kommt dann das Leben tagsüber zum Erliegen. Auch wir werden uns dem Nichtstun widmen. Uns diese Tage möglichst wenig bewegen und wenn, dann nur im kühlen Nass. Danach geht’s weiter mit unserer Entdeckungsreise. Ganz besonders freuen wir uns auf den Ausflug hoch hinauf. Die Führung durch das Observatorium auf dem Roque de los Muchachos ist bereits gebucht. Zu einem der grössten optischen Teleskope der Welt!
Hy meine Lieben, jetzt hat es geklappt und ich konnte den erlebnisreichen und spannenden Reisebericht lesen. Tolle Geschichten, interessante Insel. Danke fürs teilhaben, geniesst die Zeit⭐️
eure Freundin