Die blumige Alpeninsel Madeira

Quinta do Lorde

Von Porto Santo aus telefonieren wir mit der Marina in Funchal wegen eines freien Platzes für unsere kranke Vairea. Zum Glück sind wir nicht einfach dahin gefahren, denn die Marina ist voll, entschuldigt sich die freundliche Dame. Wir sollen es doch in Quinta da Lorde versuchen. Diese Marina sei zudem ganz in der Nähe von Rep Maritima, dem einzigen Ort mit einem grossen Travellift. Also gut, dann halt ganz in den Osten der Insel, liegt eh näher. Nach knapp 6 Stunden bergen wir bei Nieselregen die Segel und funken die Marina an. Ein Marinero holt uns mit seinem Dingi vor der Hafeneinfahrt ab, lotst uns rein und hilft anschliessend kompetent beim Anlegemannöver. Wir sind überrascht, wie klein die Marina ist. Schnell stellen wir fest, dass es eine sehr gepflegte Anlage mit überaus freundlichen, hilfsbereiten Angestellten ist, wir uns aber mit einer Hotelanlage und einer Kirche im Niemandsland befinden. Da muss wohl demnächst ein Mietwagen her. Jetzt ist Wochenende und der 1. Mai ist auch ein Feiertag, meint Nicole vom Büro, vor kommendem Dienstag arbeitet niemand auf der Werft. Die leckende Vairea muss sich noch ein wenig gedulden.

Wir vertreiben uns die Zeit und erkunden die nähere Umgebung. Unser erstes Fazit: Natur pur, steil ist es, überall grünts und was für eine Pflanzenvielfalt. Wir freuen uns auf mehr.

Funchal

Am 1. Mai nehmen wir bereits ganz früh den Bus nach Funchal. 90 Minuten dauert die Fahrt, mit Halt an jedem Miststock. Der Hop on-Hop of Bus eignet sich bestens für einen ersten Überblick und Kennenlernen des Hauptortes. Und auch bei der Marina schauen wir vorbei und sind mehr als erstaunt wie klein auch dieser Hafen ist und wie wenig Platz er für Gastlieger bietet. Wie muss das erst im Sommer oder Herbst  zugehen, wenn der Hafen jetzt schon komplett belegt ist??

Baia d’Abra

Es wird schlussendlich 3. Mai, bis uns Mechaniker Michel von der Werft besucht und sich die leckende Stelle anschaut. Er bestätigt unseren Verdacht des defekten Borddurchlasses und dass wir für die Reparatur kranen müssen. Dafür geeignet ist nur der Kran mit 300 Tonnen Hebelast in Canical, also gleich unserer Marina gegenüber. Nun heisst es abermals warten, zum einen bis die Ersatzteile vom Festland eingetroffen sind und zum anderen auf einen Krantermin. Diese Zeit überbrücken wir mit Laufen, befinden wir uns doch im Wander-Eldorado. Bis zum äussersten östlichen Eck, dem Cabo Sao Lourenco sind es hin und zurück etwas mehr als 8 Km. Zeitweise bläst uns der böige Wind fast weg. Was für eine wilde Natur, wir sind begeistert! Auch den einzigen, wirklich sicheren Ankerplatz an der Baia Abra schauen wir uns von oben an.

Am 5. Mai holen wir am Flughafen unseren Mietwagen ab, nun steht einer Inselentdeckung nichts mehr im Weg.

Die Insel im Nordatlantik ist für vieles bekannt, unter anderem für ihren schier unglaublichen Blumenreichtum. Was in der Schweiz nur mit ganz viel päppeln gedeiht, spriesst hier ungehemmt und beinahe wild in die Höhe. Die Madeirenser wissen um dieses Geschenk der Natur und feiern immer zwei Wochen nach Ostern ihr berühmtes Blumenfest. Diesem Höhepunkt folgen Zehntausende, dieses Jahr auch wir. Karnevalsgleich ziehen blumengeschmückte Wagen und wunderschön herausgeputzte Frauen, Männer und Kinder an uns vorbei. Sie singen, tanzen und präsentieren sich und ihre Blumen. Wir sind völlig begeistert und glücklich, diese einmalige Parade erlebt zu haben.

Tags darauf darf Vairea endlich zum Schiffsdoktor, der Kran und der Mechaniker erwarten sie. Da ich der blumige Teil unserer Schreibzunft bin und der Bericht darüber bestimmt zu dramatisch ausfallen würde, wird Daniel in seiner gewohnt sachlichen Art darüber berichten.

Ich mache also einen zeitlichen Schritt und berichte von den Levadas. So werden hier die Wanderungen entlang der künstlichen Wasserläufe benannt. Mit diesen Levadas wurde das Wasser vom niederschlagsreichen Norden der Insel in den trockenen südlichen Teil geführt. Uns erinnern die Levadas sehr an die Walwege im Südtirol. Hier allerdings sind sie mit zum Teil stockfinsteren Tunnels und vielen Wasserfällen gespickt. Es gibt wohl Hunderte, von einfach bis schwierig und von gesichert bis gefährlich. Für uns Alpenkinder ein Eldorado.

Die Westseite der Insel dominiert mit tief eingeschnittenen Felstälern und kleineren Orten, die wohl eher selten viel Sonnenlicht sehen. Uns kann dieser Teil Madeiras nicht so recht begeistern und wir sind froh, nicht die Marina von Calheta gewählt zu haben. Diese ist zwar sehr hübsch und preislich sehr attraktiv aber wir wären noch viel mehr auf ein Auto angewiesen wie in Canical.

In Porta da Cruz gibt’s eine Schnapsbrennerei, hat Daniel im Internet recherchiert. Noch bis Ende Mai wird das Zuckerrohr geerntet, welches für den Rum und den Aquardente gebraucht wird. Also nichts wie hin. Am Abend werden zwei neue Bewohner in die Alkoholbilge einziehen….

Der sehr touristische Ort Santana mit den gleichnamigen strohgedeckten Häusern lassen wir schnell wieder links liegen. Kurz darauf beginnen unsere Mägen zu knurren und es trifft sich gut, dass uns in Sao Jorge ein Wegweiser auf ein Cafe mit Aussicht hinweist. Schon von weitem steigt uns ein verheissungsvoller Duft von Lagerfeuer in die Nase und richtig, der Wirt grillt über offenem Feuer die auf der Insel berühmten Espetada. Fleischstücke werden auf Lorbeeräste gespiesst, mit grobem Meersalz eingerieben und über offenem Feuer gegrillt, einfach aber unglaublich lecker. Zudem ist die Aussicht dramatisch schön! Zum Abschluss unserer Tour durch den tollen und wilden Norden legen wir einen Halt oberhalb von Ribeira Brava ein. Die beste Poncha, so wurde uns zugeraunt, gibt’s bei der Poncha-Ana. Und tatsächlich, das Nationalgetränk ist gefährlich lecker und die kleine Beiz mit Einheimischen zum brechen voll. Am Abend besuchen uns Sandy und Karl, die mit ihrer SY Shambala neben uns festgemacht haben. Die beiden sympathischen Österreicher sind seit 6 Jahren unterwegs und jetzt auf dem Weg nach Griechenland. Nach unseren Schweizer Segelfreunden Sybille und Edi mit ihrer SY Koco die zweite schöne Begegnung auf Madeira.

Monte ist ein auf 800 Meter über Meer gelegener Ortsteil von Funchal, der nebst der bekannten Wallfahrtskirche, einem botanischen Garten und der Bergstation der Seilbahn noch ein ganz anderes Highlight bietet. Und das wollen wir uns keinesfalls entgehen lassen. In altertümlichen Korbschlittten, ursprünglich als Transportmittel gedacht, kann der gemeine Adrenalinjunkie bei passabler Geschwindigkeit während 2 Kilometer oder ca. 10 Minuten durch enge und kurvige Strassen hinuntersausen. Gesteuert werden diese Korbschlitten von Männern, die nur ihre Stiefel als Bremsen benutzen. Ein Riesengaudi!

 

Wir benützen unseren Aufenthalt auf Madeira ebenfalls für die Wartung der Rettungsinsel. Sachliches Thema – gradliniger Autor in einem separaten Bericht.

Wie geht es bei uns weiter? Wir freuen uns sehr auf unsere Tochter, die uns demnächst besucht und einige Tage bei und mit uns verbringt. Anfang Juni werden wir bei einem passenden Wetterfenster zuerst auf die Ilhas Desertas- und danach Richtung kanarische Inseln segeln.

 

 

1 Kommentar zu „Die blumige Alpeninsel Madeira“

  1. Ahoi ihr Segler
    Danke für euren interesanten und amüsanten Bericht und die vielen schönen Fotos von der Insel Madeira.
    Thomas & Ursula

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