Es muss eindeutig am Propeller liegen, meinte Daniel. Wir waren eben aus Basseterre, der Hauptstadt von St. Kitts, auf die Vairea zurückgekehrt. Unser Dinghi machte auf dem Rückweg kaum mehr Fahrt. Da konnte der Skipper Gas geben, wie er wollte. Alles was der Motor noch reichlich von sich gab, war sein sattes Brummen. Sofort begab sich Daniel auf die Suche nach einem Ersatz, leider blieben alle Nachforschungen erfolglos. Fahrt besser nach Sint Maarten, dort kriegt ihr ganz sicher Ersatz, riet man uns. Die französisch-holländische Insel rühmt sich ja auch, das Yachtzentrum der Karibik zu sein.
Und Bleiben war auch keine Option. Denn mit einem nicht funktionierenden Dinghi verliert selbst der schönste Ankerplatz irgendwann seinen Reiz. Ich stellte Daniel in Aussicht, dass er mit rudern bestimmt stahlharte und grosse Muskeln bekäme. Stiess auf wenig Gegenliebe. Du bist ja gut, bei 20 Knoten Wind gegenan, raunzte er mich an. Anders als das wunderbare Nevis bleibt uns die grössere Schwester St. Kitts als eine „weder Fisch noch Vogel“-Insel in Erinnerung. Und eine mit einer unglaublichen Dichte an Kreuzfahrtschiffen. Wir wurden einfach nicht warm mit dieser Insel und so fiel uns der Abschied auch nicht schwer. Am 10. Februar gingen wir ganz früh am Morgen in der Bucht von Sandy Point Town Anker auf. Sint Maarten wir kommen!
Rasche Überfahrt nach Sint Maarten
Wir setzen das 2. Reff, ist doch reichlich Wind für den etwas über 40 Seemeilen langen Törn vorausgesagt. Nachdem wir 2 Stunden später die Insel Statia passiert haben und in tieferes Wasser kommen, werden endlich die beträchtlichen Wellen etwas runder und länger. Und trotzdem findet noch die Eine oder Andere ihren Weg auf unser Dach. Kurz vor Sint Maarten gesellt sich eine Gruppe grösserer Delphine zu uns und reitet ein Stück des Weges mit. Kunststück, dass bei unserem Tempo der Anker bereits kurz nach dem Mittag ins holländische Wasser der Simpson Bay plumpst.
Willkommen und macht euch keine Sorgen, empfangen wir eine Nachricht von Bord der SY Ithaka. Wir kommen gleich vorbei und bringen Euch für das Einklarieren an Land. Was für ein grosses Glück solche Freunde zu haben denke ich dankbar, als Christoph und Angela kurze Zeit später mit ihrem Beiboot heranbrausen. Wir haben für Morgen einen Mietwagen organisiert. Damit gelangen wir problemlos von einem Bootsausrüster zum nächsten. Holen Euch um 9 Uhr ab, ruft uns Angela noch zu, bevor die Beiden wieder Richtung Marina davonfahren. Uns fällt ein riesen Stein vom Herzen und wir wähnen uns schon fast am Ziel.
Suche nach einem Propeller
Doch leider hat keiner der zahlreichen Anbieter auf der Insel das gewünschte Teil an Lager. Mit unserem Expressdienst ist der Propeller aus Amerika schon fast auf der Insel, spätestens aber am Freitag prahlt ein Angestellter und füllt flugs die nötigen Papiere aus. Wir sind grad besonders empfänglich für solche Versprechungen und reiben uns die Hände. Heute ist Dienstag, sinniert Daniel, also sind wir spätestens vor dem kommenden Wochenende wieder mobil. Und drei Tage am Ankerplatz wie ein Tiger im Käfig geht auch gerade noch so, gebe ich ihm zur Antwort. Es wird Freitag und wir hören?? Nichts. Ebenfalls Funkstille auf unsere Mailnachfrage. Also passen wir ein windstilles Fenster ab und lassen das Beiboot zu Wasser. Nur im Standgas und ganz vorsichtig geht’s vorwärts, durch den Kanal und zum erstbesten Dinghidock.
Wir haben mit einer kleinen Verzögerung gerechnet, als wir nach einem längeren Fussmarsch ein weiteres Mal beim Schiffsausrüster stehen und uns nach dem Stand unseres Auftrages erkundigen. Dass aber die Bestellung irgendwo „verloren“ ging, wie uns der unterdessen ein wenig kleinlaute Verkäufer zur Antwort gibt, bringt unser Blut doch etwas zum kochen. Es stellt sich heraus, dass die Lieferung irgendwo und nirgendwo ist. Niemand weiss etwas. Sich ärgern bringt nichts, es muss eine zielführende Lösung her. Also wird der Bestellung jetzt ein „over night shiping“ angehängt. Sozusagen die schnellste Liefermöglichkeit, meint der zerknirschte Angestellte. Warum es damit besser funktionieren soll, verstehen wir zwar nicht. Aber das Blatt muss sich ja einmal wenden. Eine andere Lösung ist auch nicht in Sicht. Und nein, Termine verspricht er keine mehr und eine Erfolgsgarantie gibt’s sowie so nicht. Aber so eine Panne hätten sie noch nie gehabt, also müsse es jetzt klappen.
Waarten auf den Propeller auf Sint Maarten
Nur weitere unbestimmte Tage am Ankerplatz, das geht gar nicht, gebe ich Daniel wieder draussen zu bedenken. Bei der zweiten besuchten Marina haben wir Erfolg. Die Blue Pearl Marina bietet uns einen Platz, für eine Woche und zu einem erträglichen Preis. Wir schlagen zu. Das heisst, sofort für anderntags die Brückendurchfahrt organisieren. Die Simpson Bay Bridge öffnet täglich zu festgelegten Zeiten. Viermal pro Tag für Fahrten aus- und viermal für Fahrten in die Lagune. Wir sind jetzt am 15. Februar für die Einfahrt um 11.30 Uhr angemeldet. Und so stehen wir anderntags nebst einigen anderen Segelbooten und Megayachten um kurz nach 11 Uhr im verlängerten Zufahrtskanal und melden uns wie vereinbart über VHF 12 bei der Brücke an. Verflixt, hadere ich, warum nur bläst gerade heute so besonders viel Wind.
Mit Vollgas unten durch
Ich stehe vorne am Bug, damit ich Daniel bei der schmalen Durchfahrt lotsen kann. Kurz bevor der Brückenwärter die Klappbrücke öffnet, gibt er uns Wartenden über Funk das Kommando, sich schnell zu nähern. „And guys, today we have a lot of wind. So come quick“, ruft er über Kanal 12. Mein Skipper scheint das Wort quick überhört zu haben. Gemütlich schliesst er am Ende an. Der Abstand zur vor uns fahrenden Megayacht wird immer grösser. Und der starke Wind trägt auch nicht dazu bei, dass er sich verringert. Plötzlich spüre ich, wie Vairea mit einem Satz vorwärts prescht. Daniel hat scheinbar beide Motoren auf Vollgas umgestellt. Später wird er mir erzählen, dass ihn der Brückenwärter mächtig angetrieben hat. Und so schiessen wir mit hohem Tempo durch den Kanal Richtung Brücke zu.
Auf der rechten Seite, gleich hinter der Simpson Bridge steht eine Bar mit grosser Terrasse. Immer zu den Brückenöffnungszeiten sind dort viele Leute versammelt mit ihren Kameras im Anschlag. Im Visier haben sie hauptsächlich die enormen Megayachten. Denn wenn die sich durch dieses Nadelöhr quetschen, steigert das wohl den Nervenkitzel und weckt Hoffnung auf besonders dramatische Bilder. Dass an einem solch windigen Tag bestimmt keine Leute da sind, erweist sich als irrige Annahme. Es sind fast mehr wie sonst! Vermutlich in der Hoffnung, dass an einem so windreichen Tag viel Action geboten wird. Und Action sehen sie jetzt tatsächlich! Nämlich einen Brückenwärter, der mit wilden Gesten eine Schweizer Segelyacht antreibt, die mit fast 7 Knoten im letzten Moment noch unter der geöffneten Brücke durchschiesst. Vorne am Bug eine Frau, die entschuldigend beide Hände hebt und am Steuer ein Skipper mit tief ins Gesicht gezogener Schirmmütze.
Hallo ihr Lieben
Da bin ich aber sehr froh dass ihr gut durch das Nadelöhr gekommen seit.
Jetzt seit ihr sicher am warten auf die ersehnte Schraube.
Ich hoffe dass diese Insel sehenswert ist und ihr euch so die Zeit einigermassen vertreiben könnt.
Ich grüsse euch herzlich aus der momentan nassen Schweiz
Euere Freundin und denke mein persönlicher Roger Federer grüsst aus der Tennishalle Frauenfeld
Hallo ihr Lieben
Auch wir waren erleichtert, dass Alles gut ging. Der Brückenwärter ist ein lustiger und cooler Typ, der hätte uns nicht hängen lassen.
Ja, jetzt heisst es abwarten, Tee trinken und auf den Propeller lauern. Wird schon kommen das Teil. Und ab Mittwoch haben wir einen Mietwagen, damit lässt sich die Insel bestimmt gut erkunden. Wir halten Euch auf dem Laufenden. Hopp Heinz-Roger, wir wünschen Dir erfolgreiche Matches! Ganz herzliche Grüsse aus Sint Maarten von Euren Freunden