Westwärts

Die Monate August und September waren ausgefüllt mit den diversen Installations- und Garantiearbeiten rund um unsere Vairea und Anfang Oktober flogen wir für einen Heimaturlaub in die Schweiz. Endlich wieder viel Zeit und Musse mit unseren Freunden, es waren herrliche Tage! Ende Oktober, wieder in Premià de Mar wurden wir dann aber langsam etwas unruhig und es juckte uns in den Fingern, eindeutige Anzeichen der Krankheit „Hafenüberdruss“. Daniel meinte, lass uns verschwinden bevor wir womöglich noch Geranien pflanzen und Gartenzwerge ums Schiff aufstellen.

Doch es war lange Zeit wie verhext, entweder blies der Wind in die verkehrte Richtung oder wenn richtig, dann gleich in Sturmstärke. Aber dann, am 6. November 2015, morgens um 8 Uhr lösen wir die Leinen und nehmen Kurs Richtung Ibiza auf. Ein etwas wehmütiges Gefühl beschleicht uns, als unsere temporäre Heimat immer mehr im Kielwasser verschwindet. Der Tag zeigt sich von seiner besten Seite, beschert uns viel Sonne, Wärme, kaum Wellen aber leider auch wenig Wind. Mit den Stunden stellt sich immer mehr das Gefühl des Bekannten ein und so sind wir relativ rasch wieder im „Segelschiff-Modus“. Nach total 160,2 Seemeilen und 26 Stunden lassen wir morgens um kurz vor 11 Uhr den Anker vor dem Hafen von Sant Antoni an der Westseite der Insel Ibiza fallen.

Nach einer schlafreichen, ruhigen Nacht gehen wir schon sehr früh Anker auf und nehmen Kurs auf Cartagena. Wir fischen verlorengegangene Fender auf und erfreuen uns ab den vielen Delphinen, die uns ein kleines Stück unseres doch langen Weges begleiten. Leider lässt uns der Wind auch auf dieser Etappe mehrheitlich im Stich, das ist das Mittelmeer…. Kurz nach Mitternacht überqueren wir den Längengrad Ost von Greenwich, jetzt zählt es westwärts aufwärts.

Am Mittag sehen wir nach 146,5 Seemeilen und 27 1/2 Stunden auf See als erstes bei der Hafeneinfahrt von Cartagena die grossen Industrieanlagen und riechen Schwefelgestank; ob das mit diesem Hafen so eine gute Idee war, fragen wir uns? Wir beschliessen einfach mal nachzuschauen und gegebenenfalls eine geschützte Ankerbucht in der Nähe aufzusuchen. Überraschung! Die Marina ist perfekt organisiert, schnelle und freundliche Marineros, die uns perfekt beim längsseits anlegen in einer grossen Boxe helfen. Der Hafen ist gut belegt, erstaunlich viele Katamarane liegen hier gut vertäut.  Innert kürzester Zeit sind wir in Kontakt mit den vielen anderen Langfahrtseglern. Zum Teil sind sie auch nur auf der Durchreise, teilweise aber überwintern sie im Hafen. Wieselflink switchen wir zwischen deutsch, französish und englisch hin und her, das hält jung. Wir besuchen uns gegenseitig auf unseren Booten und tauschen hilfreiche Tipps und Informationen aus.

Die Stadt ist speziell, wirkt auf den ersten Blick etwas burschikos und architektonisch doch sehr zusammengewürfelt. Aber auf den zweiten Blick fällt uns überall an den Fassaden der andalusische Touch auf. Ausnehmend angenehm empfinden wir die vielen autofreien Gassen in der Innenstadt, für Spanien sehr ungewöhnlich.

Aus unserem ursprünglichen Plan, nach zwei Tagen Cartagena zu verlassen und in kürzeren Schlägen westwärts zu segeln, wird leider nichts. Aufgrund einer schweren Erkrankung meiner Mutter beschliessen wir, in die Schweiz zurückzufliegen. Wir werden unsere Vairea bis auf weiteres hier im Hafen von Cartagena zurücklassen. In dieser nicht sehr einfachen Zeit zeigt sich, dass unter Langfahrtseglern ein toller Zusammenhalt besteht. Jeder bietet seine Hilfe an und zeigt sein Mitgefühl, so werden während unserer Abwesenheit nebst den Marineros mindestens 12 Augen gut zu unserer Vairea und unserem Zitronenbaum schauen. Cartagena ist für uns in vielerlei Hinsicht eine mehr als gute Wahl.

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