St. Augustine

Es kann einen packen oder nicht. Die Gründe, warum ein Ort einen einnimmt oder nicht sind vermutlich vielfältig, verschieden und vor allem ganz individuell. Im Fall von St. Augustine muss es wohl an meiner zu hohen Erwartungshaltung gelegen haben warum ich nicht so richtig warm werde mit dieser Kleinstadt. Erschwerend eine etwas falsche Vorstellung von einem Ort, der für sich in Anspruch nimmt, die älteste Stadt der USA zu sein. Nun ja, ich war ja von einigen Seglern gewarnt, dass diese Kleinstadt mit spanischer Vergangenheit ein touristischer Hotspot sei und hatte mich darauf eingestellt. Aber die Erwartungen wurden bei weitem übertroffen. Souvenirshops an Kleiderladen, unterbrochen von Schnellimbiss oder Mittelalterladen, das kreuz und quer und nahtlos durch das Zentrum. Ich bin ja gerade in der Weihnachtszeit etwas anfällig für Kitsch und Sentimentales. Aber was entlang der autofreien Shoppingmeile geboten wird, gehört eher zur schwer verdaulichen Kost.

Nights of Lights in St. Augustine

Dazu kamen die unglaublichen Menschenmassen, die sich Tag und Nacht durch die Gassen und Gässchen wälzten und zwängten. Mit ein Grund für die vielen Besucher dürften die Nights of Lights sein. Denn ab dem 20. November und bis Ende Januar lassen jeden Abend 20 Millionen Lichter die Altstadt in einem unglaublichen Lichterglanz erstrahlen. Und wo es von so vielen Besuchern wimmelt, sind auch Bettler, Obdachlose und Strassenmusikanten nicht weit. Doch in dieser Konzentration kannte ich das bisher nur aus grösseren Städten, wie New York, Miami oder Washington. Beiderseits der Gassen sitzen sie, die glücklicheren auf Bänken oder Decken die anderen auf dem baren Boden. Mit gemalten Pappschildern machen sie auf ihre Situation aufmerksam, die wenigen Habseligkeiten zusammengeschnürt neben sich. Und du läufst da in diesem ausgelassenen, lachenden Menschenstrom mit und kannst ihnen vor Scham und Mitleid kaum in die Augen schauen.

Flagler College

In St. Augustine steht der gruseligste Leuchtturm der USA

Wir beschliessen, unsere Wege abseits des Epizentrums und der Trampelpfade zu suchen und werden am 24. Dezember auf der vorgelagerten Insel Anastasia fündig! Denn in der ältesten Stadt der USA steht auch der gruseligste Leuchtturm der USA. Denn allein in der Neujahrsnacht von 1782 sollen vor dem Leuchtturm 16 Schiffe gesunken sein, beim Versuch den Hafen von St. Augustine anzulaufen. Doch das ist nicht der einzige Grund für den zweifelhaften Ruf. Nein, im Turm sollen gar zwei Geister ehemaliger Leuchtturmwärter ihr Unwesen treiben. Uns ist zum Glück weder beim Auf- noch beim Abstieg eines dieser Geisterwesen begegnet. Und so können wir wieder zurück auf der Vairea und an unserer Boje ganz friedlich unseren Heiligabend mit dem traditionellen Weihnachtsmenu feiern.

Lighthouse of St. Augustine

Am Weihnachtstag lösen wir uns von der Mooring Boje, füllen an der Tankstelle unsere Dieseltanks und fahren um 11 Uhr unter der geöffneten Bridge of Lions durch Richtung Ankerplatz. Eine Nacht noch vor Anker, bevor uns der Wecker am 26. Dezember bereits um 4 Uhr aus dem Schlaf reisst. Wind und Wellen sind uns wohlgesonnen und wir machen uns auf die nächste grössere Etappe. 210 Seemeilen bis West Palm Beach.

Im Dezember 2021 auf dem Leuchtturm von St. Augustine / Florida

Unsere Reise im Überblick Unsere Schatzkiste

7 Kommentare zu „St. Augustine“

    1. Eine gute Fahrt nach St. Augustine wünschen wir Euch. Und dann ein unvoreingenommenes Entdecken, denn Jede und Jeder erlebt die Eindrücke oft anders und ihr vor allem auch zu einer anderen Zeit.

    1. Ganz lieben Dank für Eure Zeilen liebe Ruth und Rolf. Aus dem sonnigen und warmen Fort Lauderdale schicken wir Euch herzliche Grüsse in den schönen Thurgau

  1. Wir waren im Oktober 2016, kurz nach dem Hurricane Matthew, in St. Augustine mit einem Wohnmobil, überall waren die Häuser leergeräumt vom Sperrmüll, der nach der Überschwemmung entsorgt werden musste und lag auf der Straße. Trotzdem haben uns viele Straßen und alte Häuser dieses alten Städtchens sehr gut gefallen und wir fühlten uns eher wie am Mittelmeer. Wir liefen in Seitenstraßen und betrachteten die alte Bausubstanz, die so typisch amerikanische Fußgängerzone haben wir eher so nebenbei mit angeschaut. Es war auch nicht voll und man sah ganz gut das älteste Holzschulhaus der USA, auch das Museum war für uns sehr interessant, so haben wir eine alte Schrift auf deutsch entdeckt über Hungerleidende in der „Carlsburg“, die von Indianerhäuptlingen versorgt wurden. Die Cathedral Basilica, wie sie sich nennt, fanden wir auch noch sehenswert. Habe anläßlich euren Berichts gleich nochmal meine Fotos dazu angesehen.( BTW unser Verdränger heißt Vairea Nui) Gruß von Vairea Nui zu Vairea

    1. Wir haben uns sehr über Eure Zeilen gefreut. Und dass es eine weitere Vairea gibt (mit dem Zusatz Nui) haben wir natürlich schon entdeckt. Toll, dass ihr so schöne Erinnerungen an St. Augustine habt und dass unser Bericht Anlass dazu gab, wieder in den Fotos zu stöbern. Nachträglich ein schönes, gutes und gesundes Neues Jahr wünschen wir aus Fort Lauderdale.

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