Beim Stichwort La Gomera kamen mir in erster Linie die vorwiegend deutschen Auswanderer in den Sinn, die in den 60-er Jahren im Valle dos Rey Hippiekommunen gründeten. Viel ist von ihnen nicht mehr zu sehen. Aber noch ein paar Unentwegte gebe es, die in Höhlen ohne moderne Zivilisation leben und am Abend den Sonnenuntergang trommelnd oder feuerspeiend untermalen. Ein hartnäckiges Gerücht besagt, dass man sich beim Besuch dort vor allem eins holt, nämlich Flöhe. Wir haben‘s nicht überprüft. Valle Gran Rey mit seinem Hauptort Vuelta ist ein hübscher, leicht esoterisch angehauchter- aber vor allem eines: ein deutscher Touristen-Ort. Deutsche Metzgerei, deutscher Bäcker, in der Apotheke und im Souvenierladen wird man gleich zu Beginn in Deutsch angesprochen. Wir empfinden dies als etwas gewöhnungsbedürftig…
San Sebastian – Hauptort von La Gomera
Der grosse Vorteil der Marina ist die Nähe zur Stadt San Sebastian, die Hauptstadt der Insel mit 8000 Einwohner. Praktisch der ganze Monat September steht im Zeichen der Kolumbus Festtage. So kommen wir nahezu jeden Tag in den Genuss eines Konzertes, einer Vorführung oder gar eines Feuerwerkes, das allerdings vom starken Wind fast weggeblasen wurde. Auch die Kolumbusregatta von Huelva nach San Sebastian war ein Grossereignis für die segelverrückten Insulaner. Jedes der einlaufenden 20 Segelboote wurde mit Böllersalutschuss begrüsst und da machte es überhaupt keinen Unterschied, ob ein Segelboot am Tag oder mitten in der Nacht ankam…..
Valle Gran Rey, Alojero und Hermigua
Die zweitkleinste der kanarischen Inseln ist noch gebirgiger, zerklüfteter, steiler und karger wie die Anderen. Nach dem lieblichen und satt-grünen La Palma ein riesiger Gegensatz. Auch wird jede Fahrt von A nach B zu einem Fast-Tagesausflug, muss man doch in gefühlten 2000 Spitzkehren in jeden Barranco hinunter- und auf der anderen Seite wieder hinaufkehren, bevor in der nächsten Schlucht alles wieder von vorne beginnt. Immer wieder treffen wir dabei auf Gegenden, die wir mit ihren Oasen wohl eher in Afrika vermuten würden. Besonders faszinierend ist der Blick vom Mirador de Palmarejo ins Valle Gran Rey. Tief unten öffnet sich ein traumhafter, grüner Talkessel voller unglaublicher Dattelpalmen, umrahmt von über 800 Meter hohen, kargen Steilwänden. Die treppenförmig angelegte Landschaft erinnert uns gar entfernt an die terrassierten Reisfelder von Bali.
Der kleine Ort Alojero , im Norden der Insel gelegen, liegt eingebettet im wild zerklüfteten Galion-Gebirge. Eigentlich wäre er die mühselige Anfahrt nicht wert, wenn es dort, praktisch am Arsch der Welt und wo es nicht mehr weitergeht, nicht ein Restaurant gäbe, wo wunderbar frischer Fisch ganz delikat zubereitet wird und wo Daniel sein erstes Frangollo (eine typische Nachspeise der Insel) kredenzt bekommt.
Hermigua liegt am Ende der grössten und wasserreichsten Schlucht der Insel. Denn durch dieses Tal fliesst zum einen der das ganze Jahr Wasser führende Cedro-Bach und zum anderen sind hier die 3 Stauseen beheimatet. In Hermigua steht auch eine Mühle, die unser Interesse weckt. Eine Gofiomühle nämlich. Zu Zeiten der Altkanarier war Gofio ein Grundnahrungsmittel, damals wurden geröstete Wildsamen mit Gerste zu Mehl gerieben. Heute wird Gofio grösstenteils aus Mais oder Weizen hergestellt und gilt wegen seines hohen Anteils an Mineralstoffen und Vitaminen als wahres Gesundheitselixier. Wir finden es vor allem einfach sehr lecker.
El Cedro
Am meisten aber gefällt uns an La Gomera das Wandern. Seit Kurzem gibt es auch hier einen Fernwanderweg, GR 132, der um die ganz Insel führt und der in 6 bis 9 Etappen bewältigt werden kann. Das Herzstück von La Gomera ist aber der Nationalpark „Garojonay“ mit „El Cedro“ mittendrin. Ein malerisches Dorf, das von einem faszinierenden Nebelwald umgeben ist, voll mit Lorbeerbäumen und weiteren vielfältigen, immergrünen Bäumen, Farnen und ganz viel Moos. Es tropft und gurgelt und man wähnt sich in einem Zauberwald, dem Reich von Hobbits, Zwergen und Elfen.
Wandern auf La Gomera
Dorthin führt uns die erste Rundwanderung. Wir können es nicht lassen und suchen uns zum Einstieg nicht etwa eine gemässigte Tour aus, nein es muss natürlich gleich die grosse Runde sein. In Zahlen: etwas über 16 km,- und je nach Marschgeschwindigkeit 6-8 Stunden lang. Wäre ja kein Drama, aber ab der Mittagszeit klettert das Thermometer unbarmherzig nach oben und ab der Mitte der Tour verlässt man sowohl den schattenspendenden Wald wie auch die windige Seite. Und auf der windabgewandten Seite steht die Hitze!
„Das Auto steht beim Parkplatz Pajarito“ meint Daniel nach knapp 4 Stunden, etwas kurzatmig und nassgeschwitzt. Ein Blick auf die Karte besagt, nur noch eine Steigung und ein Abstieg, dann ist es geschafft. „Die haben aber den Parkplatz ausgewechselt“, erwidere ich „etwas“ japsend, denn da steht unser Auto nämlich nicht. Hätten wir uns den Namen des Parkplatzes mal gemerkt. Und so werden es noch weitere 4 stotzige Auf- und Abstiege und bestimmt 1000 stille Flüche bis wir beim richtigen Parkplatz ankommen. Anstrengend, aber trotzdem schön war’s, sind wir uns einig.
Es geht auch kleiner, gemächlicher und vor allem Knie-sei-Dank wegen der letzten Wanderung geradeaus. Von Parkplatz Las Cerces aus, ja wir haben uns den Namen gemerkt, führt die Rundwanderung 4km durch den Wald. Doch als wir bereits nach 1 ½ Stunden wieder ankommen, maulen wir rum. Uns kann man’s aber auch gar nicht recht machen.
Alto Garajonay
Für die Wanderung zum höchsten Punkt La Gomeras, dem Alto de Garajonay auf knapp 1400 Meter haben wir uns einen speziellen Tag ausgesucht, nämlich unseren 6. Hochzeitstag. In weiser Voraussicht wegen den heissen Nachmittagstemperaturen fahren wir schon um 8 Uhr in der Marina los. Der Wind peitscht die Wolken auf der Luv-Seite die steilen Felsen nach oben und mich fröstelts, als wir loslaufen. Doch der Aufstieg treibt uns ganz schnell den Schweiss auf die Stirn! Wir werden mit einem beinahe unglaublichen Panorama auf dem Gipfel belohnt. Unter uns liegt alles unter einer dicken Nebeldecke. Von der Nachbarinsel Teneriffa lugt nur gerade der Spitz des Teide heraus.
Nebst vielen Segelbooten sind auch einige Motorboote in der Marina, einige von ihnen sind mit hohen Aufbauten und beeindruckenden Angeln und Rollen speziell für das Hochseeangeln ausgerüstet. Mit grosser Neugier werden diese Boote am Abend bei ihrer Rückkehr erwartet, ob und wenn ja was sie wohl gefangen haben? Und die Ausbeute lässt sich sehen, besonders Tunas aber auch Bonitos ist ihre Ausbeute. Von einem der Angler bekommen wir ein ganz leckeres Stück Tuna und Daniel die Einladung, anderntags mit der Billfish Fever hinaus zufahren. Leider war ihnen an diesem Tag kein Fischerglück beschieden, brach doch die Spitze der Rute ab, als sie einen besonders grossen Tuna an der Angel hatten. Doch auch bei der Rückkehr funkelten die Augen meines Capitanos noch genauso wie bei der Abfahrt. Ja, wer sieht schon auf so einem Ausflug einen Hammerhai und Finnwale!!
Hochseeangeln
Auf La Gomera kommt es endlich auch zum Treffen mit der Crew der SY TinLizzy! Schon seit langem lese ich mit grossem Interesse und Spannung Barbaras Reiseblog und dank Facebook verfolgen wir uns gegenseitig immer akribisch genau. Seit Rota im Frühjahr 2016, wo wir uns knapp verpasst haben, hofften wir immer auf ein Zusammenkommen. Jetzt auf San Sebastian hat es endlich geklappt, es wurde aber auch Zeit! Wir freuen uns auf viele schöne und lustige Stunden mit Barbara und Jochen.