Insel der Freundlichkeit

Seit Tagen müht sich die Sonne erfolglos ab, einen Weg durch die dichte Sandschicht in der Atmosphäre zu finden. Von der Sahara her trägt der Wind in einer Höhe von 1,5 bis 6 Kilometern unbarmherzig ganz feinen Staub über den Atlantik in Richtung der Karibik und Aruba. Der Himmel ist bedeckt, fahl und grau verhangen. Und die Sichtweite beträgt gerade einmal ein paar hundert Meter. Unter den Füssen und zwischen den Zähnen knirscht es unangenehm und die ganze Vairea ist mit einer braunen Schicht überzogen. Zum Glück haben wir unser Vorsegel schon vorgängig geborgen und versorgt. Allerdings hat diese Laune der Natur keine Chance gegen unsere Hochstimmung. Denn seit Montagmorgen sind wir frei, es ist aus und vorbei mit der Quarantäne.

Mit grosser Vorfreude und in Hochstimmung lassen wir unser Dinghi zu Wasser und brausen die wenigen Meter hinüber zur SY Lille Venn, wo uns zwei lachende Gesichter empfangen und ein beherztes Juhu entgegenschallt. Was für ein schönes Gefühl, Barbara und Ralf endlich nicht mehr nur aus der Entfernung zu sehen. Holen uns auf dem Weg zum Land bei Simone und Peter Glückwünsche zur wiedererlangten Freiheit ab und verabreden uns mit den Beiden zum nachmittäglichen Haulout ihrer SY La Bohème, eines baugleichen Katamarans wie unsere Vairea. Betreten zum ersten Mal seit mehr als zwei Wochen wieder festen Boden und machen uns mit einer kleineren To-do-Liste im Hosensack auf die Suche nach dem Werftbüro.

Varadero in Hochstimmung

Judith Croes von der Varadero Aruba in HochstimmungWir sind so gespannt auf die Mitarbeiter, die wir bisher nur aus diversen Emails kennen. Ganz herzlich willkommen Martina und Daniel, ruft uns Judith mit einem Strahlen herzlich und fröhlich hinter dem Counter zu. Die Freude beiderseits ist gross und der Eindruck der letzten Tage hier in der Varadero willkommen zu sein verstärkt sich. Alle unsere Fragen beantwortet sie überaus kompetent. Sie organisiert in Windeseile die benötigten Dienstleister und leitet alle Daten und Abmachungen gleich per Email an uns weiter. Potzblitz, raune ich Dani zu, das ist ja fast unheimlich. Wenn jetzt noch alles klappt wie abgemacht, dann ist diese Werft ein Lottosechser. Auch Alex den Yardmanager bekommen wir nach den vielen vorgängigen schriftlichen Kontakten endlich zu Gesicht. Wie schon seine Crew begrüsst auch er uns aufs Herzlichste.

Einfach wohltuend an diesen Begegnungen ist das untrügliche Gespür, das nichts gekünstelt oder einstudiert ist. Nein, diese Freude ist echt. Jeder weitere Besuch im Office in den nächsten Tagen sowie die Behandlung unsere Anfragen per WhatsApp oder Email bestätigen den positiven Eindruck.

Haulout der SY La BohèmeMit grosser Spannung verfolgen wir dann am Montagnachmittag wie die La Bohème aus dem Wasser und an Land geholt wird. Bisher kannten wir nur das Verfahren mittels Kran und Gurten. Wie damals beim ersten Einwassern der Vairea wird hier ein hydraulischer Anhänger zu Wasser gelassen und punktgenau unter den Katamaran gefahren. Jeder Handgriff sitzt! Souverän, ruhig und überlegt arbeiten die Werftmitarbeiter und binnen einer Stunde steht die Lagoon 400 problemlos und unversehrt an Land.

Hochstimmung vor dem Haulout

Jetzt sehen wir unserem Haulout ganz beruhigt BBQ bei Simone und Peterentgegen. Verabreden uns mit Peter und Simone für die nächsten Tage zu einem BBQ. Das sympathische britisch-deutsche Paar wohnt während den nächsten Tagen in einem Appartment, wohin sie uns am kommenden Wochenende einladen. Wir werden für die Zeit bis zu unserem Abflug ins Guesthouse gleich oberhalb der Werft umziehen. Paul, der umtriebige und freundliche Verwalter kann es immer noch kaum glauben, dass in dieser Zeit alle drei Zimmer an Schweizer vermietet sind. Ja, wir sind definitiv präsent. Unterdessen hat uns Judith, die gute Seele, einen Mietwagen organisiert. Und so steht jetzt auch der Erkundung von Aruba nichts mehr im Weg. Wir wissen nur aus Erzählungen, wie es vor der Pandemie auf dieser Insel zuging und wie viele Touristen jährlich ihren Urlaub hier verbrachten.

Jetzt ist das hübsche und farbige Zentrum von Oranjestad leer. Die meisten der auf Kreuzfahrttouristen ausgelegten Geschäfte sowie die Hauptzahl der Bars und Restaurants sind geschlossen. Und wie schon auf den US Virgins sind auch hier keine Urlauber auf den Strassen und Gassen unterwegs. Ob nach der Öffnung der Grenzen per 1. Juli für Europäer und ab 10. Juli für Amerikaner dann gleich Besucher auf die Insel kommen und in welcher Grössenordnung, bleibt abzuwarten. Denn die Auflagen für den Einlass sind streng, etwas umständlich und mit Kosten für eine obligatorische Zusatzversicherung verbunden. Nebst diesem etwas traurigen und deprimierenden Eindruck nehmen wir aber noch etwas ganz Anderes mit nach Hause.

Aruba – One Happy Island

Aruba - One Happy IslandWeiss auf orange steht auf jedem Autoschild die absolut zutreffende Bezeichnung „Aruba – One Happy Island“. Und ja, wo auch immer wir auf dieser Insel hinkommen, mit wem wir ins Gespräch kommen, schlägt uns die geballte Kraft Fröhlichkeit und Freundlichkeit entgegen. Ob Securitymitarbeiter vor dem Shoppingcenter, Kassiererin im Lebensmittelgeschäft, der Strassenarbeiter oder die Barista im Restaurant. Alle strahlen diese Happiness aus. Und das Tolle ist, diese Freundlichkeit ist hoch ansteckend und überträgt sich auch auf uns Segler! Täglich spürbar auf dem Ankerplatz und jetzt auch bei unserem Ausflug nach Oranjestad. Denn bei der Suche nach dem Ship Chandler irren wir durch die kleinere Marina im Zentrum der Hauptstadt.

Wir wollen schon aufgeben, als ich an einem Segelboot die deutsche Flagge im Wind wehen sehe. Vielleicht kann uns ja da jemand helfen. Der Besitzer der SY Chapo ist glücklicherweise an Bord und klar kann ich Euch helfen, antwortet er strahlend. Er stellt sich als Charly aus München vor und lässt sich nicht davon abbringen, uns persönlich den Weg zu zeigen. Nach kürzester Zeit fühlt es sich an, als würden wir uns schon lange kennen. Charly weiss so viel Interessantes und Abenteuerliches zu erzählen und die eigentlich kurze Strecke zum Ship Chandler wird immer länger. Der freundliche Süddeutsche nimmt uns das Versprechen ab, dass wir in den nächsten Tagen auf ein Bier oder einen Kaffee wiederkommen. Dieses Vergnügen lassen wir uns keinesfalls entgehen.

Hochstimmung nach der Quarantäne

Das Ende der Quarantäne feiern die Crews der Vairea und Lille-Venn dann gemeinsam. Barbara, eine tolle Köchin, Gastgeberin und herzliche Frau verwöhnt uns mit einem exquisiten Dinner. Wir geniessen mit ihr und ihrem nicht minder liebenswürdigen Mann, begabten Grillmeister und „bis in die Nacht Surfer“ einen wundervollen, lustigen und sehr langen Abend. Es gibt so viel zu erzählen und wir staunen über so viele und erstaunliche Gemeinsamkeiten. Tags darauf feiern die Beiden ihren Hochzeitstag und wir zusammen im Fish-House. Die aufgestellten Franzosen Chantal und Christian, die mit ihrem Katamaran Pura Vida ebenfalls hier liegen, stossen dazu und ein weiteres Mal sinken wir erst zu etwas vorgerückter Stunde in die Federn.

Hochstimmung im Fish House auf Aruba

Ich koche für Alle morgen Spaghetti, ruft uns Barbara noch zu bevor wir uns trennen. So wird der dritte Abend in Folge ein weiteres Mal ein kulinarisches Gedicht, spassig und wenn sechs Segler zusammensitzen immer auch interessant. Unsere Vairea ist unterdessen beinahe bereit für den Haulout am Nachmittag des 1. Juli. Wir werden noch einige Arbeiten erledigen, wenn sie auf dem Trockenen steht und wir dann unser Zuhause und die Segelsaison abschliessen und am Abend des 8. Juli ins Flugzeug steigen, das uns direkt nach Amsterdam bringt. So jedenfalls lautet die letzte Flugplanänderung der KLM. Wir hoffen, dass es dabei bleibt und sind weiterhin in Hochstimmung.

In Hochstimmung auf Aruba im Juni 2020

Unsere Reise im Überblick & Unsere Schatzkiste

6 Kommentare zu „Insel der Freundlichkeit“

  1. Bin ja so froh, dass euch trotz Saharastaub und Wind Aruba gefällt. Ist halt nicht zu vergleichen mit den Kleinen Antillen, Karibik und doch ein Touch europäische Organisation!!
    Lieber Gruss aus Bonaire

    1. Martina & Daniel

      Wir sind so happy auf Aruba zu sein, es gefällt uns ausserordentlich gut hier. Freuen uns auf viele Entdeckungen. Liebe Grüsse nach Bonaire von uns Beiden

  2. Herrlich war und ist es, euch endlich persönlich kennenzulernen, zu feiern und uns auszutauschen. Schön, dass wir noch ein paar gemeinsame Stunden zusammen verbringen können, bevor sich am 6. Juli unsere Wege wieder trennen. Wir freuen uns schon auf Sushi und Brändi dog

    1. Martina & Daniel

      Zum Glück verbleiben uns noch ein paar Tage und Stunden für ein paar epische Runden Brändi Dog, uns durch die Küchen von Aruba zu schlemmen, viel zusammen zu lachen und diese tolle Insel kennenzulernen.

  3. Prima dass es so gut geklappt hat. Und sehr schön zu lesen dass die Marina einen so guten Eindruck macht! Ich hoffe die auszuführenden Arbeiten werden ebenso gut ausgeführt – sofern ihr überhaupt etwas machen lasst. Habe bis jetzt auch nur gutes von der Marina gehört.
    Wir haben grade die Nordspitze von St Vincent passiert. Dort sollen wir morgen einen Covid Test machen und können dann, wenn das hoffentlich negative Ergebnis vorliegt, Quarantänefrei einklarieren.
    Stefan

    1. Martina & Daniel

      Danke Stefan! Ja es gefällt uns hier auf Aruba ausserordentlich gut und wir fühlen uns wohl und willkommen. Wir hoffen, dass bei Euch alles reibungslos klappt und ihr schnell auf St. Vincent und später dann auch auf Grenada einreisen könnt. Alles Gute von Bord der Vairea, Martina und Daniel

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