Ende Juli ist es endlich soweit. Meine Tochter Melanie trifft mit Sack und Pack aus San Juan kommend in New York ein. Eine direkte Einreise aus Europa in die USA ist seit Ende Januar 2020 leider nicht mehr möglich. Und so verbrachte sie halt vorgängig zwei Wochen in Costa Rica. Sich zu fragen, was an einer solchen Regelung vernünftig sein soll, ist so sinnlos wie die Regelung selbst. Da freuen wir uns doch viel lieber an der verbleibenden, gemeinsamen Zeit und lassen Regelungen Regelungen sein.
Die 40 Seemeilen von Port Washington nach Port Jefferson zwei Tage nach Melanies Ankunft auf der Vairea klappen problemlos. Unser Leichtmatrose ist nach kürzester Zeit wieder im Bordleben angekommen. Wo Port Washington mit der genialen Anbindung mit der Eisenbahn an New York punkten kann, da trumpft Port Jefferson mit einem hübschen Stadtkern, gepflegten Parkanlagen und vielen Restaurants, Bars, Kneipen, Livemusik und Openair-Kinoveranstaltungen auf. Und natürlich mit „Uncle Giuseppe’s“, diesem einmaligen Supermarkt. Der italienische Feinkosthändler liegt zwar etwas ausserhalb, aber jeder Meter des fast einstündigen Fussmarsches dorthin hat sich mehr als gelohnt.
Port Jefferson
Und auch in Port Jefferson scheint sich der spezielle Umstand wieder einmal zu bewahrheiten, kein Ort ohne mindestens ein weiteres Segelboot unter Schweizer Flagge. Dieses Mal heisst das schöne Holzsegelboot Sea Chantey und die Crew kommt uns am Morgen des 3. August besuchen. Steffi und Reto haben nicht nur Baby Gwendolyn im Gepäck, nein sie bringen uns sogar einen Kanister dampfenden frischen Kaffee, Donuts, und Muffins mit. Dank ihren spannenden Erzählungen zu Kanada vergeht die Zeit fast wie im Flug, ehe das Wassertaxi wieder andockt und die sympathischen Schweizer zurück zu ihrem Boot bringt.
Kaum sind die Drei fort, trudelt die Nachricht ein, dass die bestellten Ersatzteile für den neuerdings zickenden Aussenbordmotor in Port Washington angekommen sind. Die will Daniel zeitnah einbauen, denn ohne ein tadellos funktionierendes Beiboot möchte er nicht unbedingt nach New York. Eine unangenehme Vorstellung, wenn das Dinghi womöglich ausgerechnet im sehr strömungsreichen Hudson River den Geist aufgeben würde und wir rudern müssten. Auch wenn der Captain aktuell zwei starke Ladies an Bord hat, wie er witzelt.
Am Morgen des 7. August werden wir dann mit einer wunderbaren Nachricht aus der Heimat geweckt. Unser Enkelmädchen hat gesund das Licht der Welt erblickt und das erst noch am Geburtstag meiner Mama. Die Vorfreude, die wunderhübsche Milli Liva bald auf den Armen halten zu können, ist riesig.
Auf dem East River durch New York
Während Daniel am bockigen Motor herumschraubt, packt Melanie sowohl die Gelegenheit wie auch ihr Köfferchen und macht sich aus Port Washington für ein langes Wochenende zu Bekannten auf Richtung New York. Mit ihrer Rückkehr am darauffolgenden Montag auf die Vairea ist auch die Reparatur am Dinghimotor abgeschlossen. Daniel kann das Zeichen zum Aufbruch Richtung Big Apple geben. Die Strömung und ein leichter Wind schieben uns flott auf dem East River unter den vielen Brücken durch in Richtung Südspitze von Manhattan. Der Leichtmatrose darf sogar eine Weile das Steuer übernehmen. Ich geniesse für einmal zusammen mit meinem Captain das grandiose Panorama vom Bug aus. Ganz nah fährt Daniel auch dieses Mal an die Freiheitsstatue heran, bevor wir dann ein wiederholtes Mal diesen einmaligen Platz bei Ellis Island ansteuern und der Anker hinter der Honorable William Wall ins Wasser plumpst.
Mit Blick auf die unzähligen Wolkenkratzer, die uns umkreisenden Segelboote des Manhattan Yachtclub und auf die sich mit Gästen füllende Floating Bar geniessen wir ganz entspannt unseren Sundowner. Genauso lange, bis uns eine Seglerin auf das nahende Unwetter aufmerksam macht. Eben ist die letzte Luke geschlossen, da fallen schon die ersten schweren Tropfen. Und immer wieder zucken giftgelbe Blitze über den unterdessen nachtschwarzen Himmel. Es ist wie verhext, schon wieder plagt uns ein Unwetter an diesem Platz! Aber dieses Mal bleiben wir Gottseidank von Schäden verschont und geniessen nach dem Durchzug der Front eine herrlich ruhige Nacht. Bei etwas kühleren Temperaturen lassen wir uns am frühen Morgen des 11. August von der Strömung den Hudson River hochschieben.
Beim Pier 79th Street mitten in New York
Unser Ziel ist das Pier an der 79. Strasse, exakt auf der Höhe des Central Park. Leider dürfen Katamarane nicht an einer Mooringboje festmachen und so fällt unser Anker halt erst hinter dem Bojenfeld in den schlammigen Untergrund. Der Weg zur Marina ist dadurch leider etwas gar weit, aber wir haben ja ein funktionierendes Dinghi. Das jedenfalls denken wir. Doch oh Himmel, bei der ersten Fahrt zur Marina ruckt und zuckt der Motor eher, als dass er rund läuft. Aber immerhin kommen wir irgendwann doch noch ans Ziel. Das muss ich mir nachher genau anschauen, brummt ein etwas genervter Captain auf dem Weg zur John Lennon Gedenkstätte im Central Park. Unsere Rückfahrt timen wir sicherheitshalber mit dem auflaufenden Wasser. Wir fahren zwar wieder nur ruckend und stockend aber kommen auf der Vairea an.
Den ganzen Abend über steckt Daniel im Beiboot, brütet über der Gebrauchsanweisung, tüftelt und werkelt am Motor herum. Läuft wieder, ruft er erleichtert nach drei Proberunden. Los Ladies, auf in den Central Park scheucht er uns am anderen Morgen ins Beiboot. Wir sind noch nicht in der Hälfte der Strecke angekommen, da beginnt der Motor doch tatsächlich von neuem an zu stottern. Wieder dauert es eine gefühlte Ewigkeit bis wir 10 Stossgebete später in der Marina ankommen. Der einzige Ort, wo es bei den vorherrschenden hitzigen 35 Grad einigermassen auszuhalten ist, ist im weitläufigen und einigermassen kühlen Grün des Central Park. Mit dem auffrischenden Wind am späteren Nachmittag beschliessen wir zeitnah auf die Vairea zurückzukehren, nicht dass uns noch eines dieser so unvermittelt aufziehenden Gewitter erwischt.
Rudern auf dem Hudson River
Wir sind gerade etwas über der Hälfte der Strecke angekommen, mit einem Motor der rattert, knattert und heult. Aber das kennen wir ja unterdessen. Nur jetzt an diesem Freitag, dem 13. da stellt er einfach ab! Mir schwant Übles, als Daniel den Motor trotz aller Versuche nicht mehr zum Laufen kriegt. Kein gutes Zureden hilft mehr, das Teil bleibt aus und die unangenehme Vorstellung wird Realität. Die Ladies rudern tatsächlich das Beiboot auf dem Hudson River nach Hause, zum Glück mit Unterstützung des Windes und der Strömung.
Der Captain ist mit seinem Latein am Ende, ein neuer Aussenbordmotor muss her. Diesen lässt er nach Port Washington liefern und dorthin segeln wir am 14. August ein weiteres Mal. Dank der genialen Wassertaxis sind wir dort auch ohne Beiboot mobil und geniessen mit Melanie noch viele schöne Stunden bis am 21. August ihr Flieger zurück nach Zürich geht. Leichtmatrose Melanie geht, Henri kommt. Davon mehr im nächsten Bericht.
Sicher hast du es sehr genossen liebe Martina mit deiner hübschen Tochter die Zeit zu verbringen.
Bald schon kannst du deine Liebsten mit der kleinen Prinzessin in die Arme schliessen, ich freue mich für dich und Daniel.
Und dann sind wir dran euch willkommen zu heissen und euch zu knuddeln.
In diesem Sinne, auf ein baldiges Wiedersehen :))
oh ja, wir haben uns wirklich ausgiebig genossen liebe Graziella. Nur leider geht die Zeit immer besonders schnell vorbei, wenns schön ist. Jetzt freuen wir uns riesig auf unser Enkelmädchen und die Familie. Und riesig ist die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Euch. In diesem Sinne, bis ganz bald! Eure Freunde