Courrant normal, oder jeder Handgriff an Bord sitzt, wenn wir einen Hafen verlassen und wieder auf See hinausfahren. Und so war unsere Vairea kurz nach 9 Uhr bereit für die Überfahrt nach La Gomera. Wir verabschiedeten uns sehr herzlich von unseren französischen Segelkollegen, wir werden Marie-Do und Jean und ihren Katamaran Vagabonde das nächste Mal auf Martinique wieder sehen. Ein eigenartiges Gefühl ist das….. Der Erstangekommene wird den Champagner offerieren, so ist es fest vereinbart. Drückten unseren liebsten Franzosen Patrick zum Abschied und freuten uns sehr über die Überraschung, dass Rolande, Federico und die Fellnasen uns bei der Hafenausfahrt zuwinkten. Sie hielten unseren Auszug sogar fotografisch fest.
Ich drehte mich noch ein paar Mal um und liess meinen Blick über die lieblich grüne Ebene von Tazacorte und Los Llanos schweifen. Bis in etwa 1 ½ Monaten wieder schöne Insel. Nun wartet zuerst die Schlange auf uns.
Langsam fahren wir der Schlange entgegen
Mit 5-6 Knoten im Schnitt fuhren wir der ruhigen Westküste Richtung Fuencaliente entgegen. Ein laues Lüftchen von knapp 2 Knoten verschaffte uns wenig Kühlung. Noch etwas in der Ferne sah ich bereits das tiefe Wolkenband, das sich von Osten her über das südliche La Palma gelegt hatte. Wenn Du unten an der Südspitze die beiden Windräder siehst, dann geht’s los. So die Prognose von Patrick, dem Segelexperten für die Region. Mit dem losgehen meinte er die Acceleration, die ungeliebte Düse zwischen den Inseln. Für mich ist das die fiese Schlange, die lauert und dann zuschnappt. Wir hissten in weiser Vorsicht das Grosssegel nur im dritten Reff und behielten den Windmesser im Auge.
Da, die beiden Windräder lugten kaum hinter der Kuppe hervor: schon ging es los. Der Windmesser schnellte blitzartig von 5 auf 30 Knoten hoch. Ganz vorsichtig liessen wir etwas Vorsegel raus und unsere Vairea schoss wie ein junges Füllen über die Wellenkämme. Genau 12 Seemeilen lang ging es mit flottem Tempo und heulendem Wind voran, bis sich die Schlange ausgetobt hatte und uns wieder verliess. Die nächsten knapp 12 Seemeilen ging es dann in gemächlicherem Tempo voran, bis wir uns auf die nächste Schlange einstellten, dieses Mal das Exemplar von La Gomera.
Doch die hatte es sich wohl an diesem Tag anders überlegt, sie kam nicht, sondern schickte uns stattdessen eine fiese Kreuzsee. Ein ums andere Mal spritzte die Gischt bis zu unserem Steuerstand hoch und bescherte uns eine unwillkommene Salzdusche. Knapp vier Seemeilen vor unserem Ziel überlegte sie es sich doch anders und beglückte uns bis zum Ankerplatz Valle Gran Rey mit knackigen 35 Knoten Wind.
Ankerplätze auf La Gomera
Nach Wochen des Hafenlebens freuten wir uns sehr auf ruhiges ankern und waren sehr gespannt, ob es denn auf La Gomera klappen würde. Just kurz vor dem Ankermannöver stellten wir mit Erstaunen fest, dass der Tiefenmesser plötzlich ausgestiegen war. Ganz ungünstiger Zeitpunkt. Ich fuhr vorsichtig bis zur 10 Meter-Linie und Daniel mass mit dem Handlot nach. Passt, auch dieses zeigte 10 Meter an. Der Anker fiel und die To-do-Liste wurde mit einem prioritären Punkt ergänzt. Zwei Einrumpfboote vor Anker rollten kräftig und mitleidserregend in der Dünung hin und her. Doch Katamaran-sei-Dank, wir verbrachten eine angenehme und trotz teils heftigen Fallböen eine sehr ruhige Nacht.
Wie schon am Ankerplatz von Antequera auf Teneriffa gabs auch hier keine Verbindung, weder Internet noch Telefon funktionierten. Und so gingen wir nach einem Frühstück Anker auf und motorten knapp 10 Meilen westlich zum nächsten Ankerplatz bei Puerto Santiago. Eigentlich nur als Tagesankerplatz ausgewiesen, staunten wir nicht schlecht, wie ruhig man vor dem langen Strand und dem kleinen Dorf liegt.
Dank der wieder funktionierenden Verbindung luden wir die Wetterdaten runter und Daniel rief bei der Marina in San Sebastian an. Für 2 Nächte könnten sie uns einen Platz anbieten, danach käme die Kolumbus-Regatta, wir müssten raus und halt erst am 10. September wieder rein. Also gut, noch eine Nacht vor Anker und dann kurz in den Hafen. Für die Nacht verholten wir uns nur um eine Felsnase rum und liessen den Anker wieder nach dem Handlot-Check ins klare Wasser vor der Playa del Chinguarime plumpsen. Nur wir, eine herrliche Natur und eine absolut ruhige Nacht – herrlich!
San Sebastian gut vor der Schlange geschützt
Am 1. September kurz nach 9.30 gingen wir Anker auf und unter Motor gings Richtung San Sébastian, der Hauptstadt von La Gomera. Leider bliess uns der Wind mit bis zu 25 Knoten direkt auf die Nase. Wollten wir nicht weiterhin eine Salzdusche nach der anderen abbekommen, blieb uns nichts anderes übrig, als Regenkleidung anzuziehen! Zum Glück war uns wenigstens die Strömung wohlgesonnen und so liefen wir gegen 11 Uhr in der Marina ein.
Bei der Anmeldung meinte der Angestellte, dass wir 3 Nächte bleiben könnten, dann käme eine Regatta. Das wussten wir, aber aha, also schon ein Tag mehr, freuten wir uns. Bedankten uns herzlich und meinten, dann bleiben wir also gerne 3 Tage. Richteten pflichtbewusst Hector, dem Chef der Marina herzliche Grüsse von unserem Freund Patrick aus. Worüber sich dieser sehr freute, uns ganz herzlich in seinem Reich begrüsste und nachfragte, wie lange wir denn eigentlich bleiben wollten. Nun ja, wir hatten so an 3-4 Wochen gedacht, gab Daniel munter zur Antwort. Hector warf einen kurzen Blick auf den Belegungsplan, sprach ein paar Worte mit den Kollegen und Vairea bekam einen Platz, ja genau für 4 Wochen 🙂 .
Und wenn der Wind dann etwas weniger wird, meinte er, dann wechselt ihr auf einen noch besseren Platz. Ganz ehrlich, ich liebe die Spanier dafür. Sie bringen es immer fertig, dass es auf irgendeine Art dann doch kappt und funktioniert. Es mag vielleicht auf einen sehr strukturierten Nordeuropäer chaotisch wirken, aber es ist ihre Art, wie sie leben und arbeiten. Und wenn man sich nicht ärgert, freundlich und anständig ist, dann sind sie immer bemüht, eine wohlwollende Lösung zu finden!
Wir treffen bekannte und neue Segler
Wir freuten uns sehr, Inga und Norbert mit ihrer SY Marisol wieder zu treffen. Halt nur für einen Abend, denn wir tauschten sozusagen die Marinas mit ihnen. Die beiden Nordlichter sind unterdessen in Tazacorte, bevor es dann für sie Richtung Kapverden geht. Und dann lernten wir die Crew der SY Balu kennen. Die Ostschweizer Sascha und seine Frau Seraina sind zusammen mit ihren kleinen und süssen Kindern Medina und Yanis unterwegs. Wir geniessen den Austausch in der Muttersprache sehr.
Für uns gilt, neue Insel-gleiches Prozedere; in den nächsten Tagen werden wir mit grosser Vorfreude und einem Mietwagen die Insel erkunden.