Zu Beginn unserer Planung waren viele Destinationen auf dem nordamerikanischen Kontinent denkbar und reizvoll. Eines aber war klar, auf Florida wollten wir definitiv verzichten, waren wir doch schon einige Male im Sunshine State. Und so ist Miami einfach nur erste Destination und Umsteigeflughafen auf dem Weg nach New York, als wir am 23. Juli in Barbados ins Flugzeug der American Airlines einsteigen.
In Miami geht nichts mehr
Bis Miami verläuft alles planmässig, doch dann steht der Flieger eine geschlagene Stunde lang auf dem Rollfeld. Information seitens Crew? Fehlanzeige. Das könnte knapp werden mit dem Anschlussflug, meint Daniel, denn wir müssen bereits hier das zeitintensive Einreiseprozedere durchlaufen, ebenfalls das Gepäck fassen und es auch wieder aufgeben. Und tatsächlich, die Minuten verrinnen, während wir uns in ellenlangen Schlangen nur langsam vorwärtsbewegen. Jetzt ist er weg, ohne uns, konstatieren wir um 22 Uhr. Von wegen, da ist er doch noch, freuen wir uns kurz später beim Blick auf die Anzeigetafel. Der Abflug ist verschoben auf 1 Uhr in der Früh. Unsere Freude währt genau bis kurz nach 12 Uhr, denn dann wird der Flug kommentarlos gecancelt.
Was jetzt, fragen wir uns. Irgendwann taucht ein Angestellter von American Airlines auf und jagt uns zusammen mit hunderten anderer Leidensgenossen für die Umbuchung neuer Flüge quer durch den riesigen Flughafen. Für weitere knapp 2 Stunden stehen wir wieder in einer Schlange an. Ich bin hundemüde, meine Füsse schmerzen und ich ärgere mich ab der lausigen Informationspolitik seitens American Airlines. Endlich an der Reihe, bekommen wir für den Flug um 14 Uhr zwei Plätze. Natürlich keine First Class Sitzplätze wie gebucht, aber das ist uns egal. Hauptsache wir kommen endlich weiter, denn unser gebuchter und bezahlter Mietwagen wartet im John F. Kennedy Airport auf uns und muss innert 24 Stunden abgeholt sein!
Kundendienst bei American Airlines? Was ist das?
Jetzt einfach endlich ins Bett und ein paar Stunden schlafen! In welchem Hotel wird für uns ein Zimmer gebucht, fragen wir die Dame am Schalter. Ihre lakonische Antwort haut uns fast um! Da müssen Sie sich selbst darum kümmern, denn bei Annullation wegen Wetterproblemen ist das nicht unsere Angelegenheit!!! WiFi Fehlanzeige, nix mit Internetsuche.
Also raus auf die Strasse. Doch von jedem Hotelshuttlebus, den wir anhalten bekommen wir die gleiche Antwort: wir sind leider voll, es wurden viele Flüge annulliert. Und jetzt? Schlafen auf dem Boden im Flughafen?? Mein vermutlich verzweifelter Gesichtsausdruck scheint einen Fahrer zu erbarmen. Obwohl auch sein Hotel voll ist, telefoniert er für uns herum und bringt uns sogar mit seinem Shuttlebus zu einem anderen Hotel. Was sind wir diesem netten Herrn dankbar! Und Lisa, die freundliche Dame an der Reception hilft uns mit Zahnbürsten und Zahnpasta aus. Als schon fast der Morgen graut, kippen wir endlich und beinahe komatös ins Bett.
Zweiter Versuch mit American Airlines nach NY zu fliegen
Zwar geduscht, aber wieder in denselben Klamotten – unser Gepäck ist ja bereits aufgegeben – machen wir uns kurz vor dem Mittag mit neuem Elan und viel Optimismus gen Flughafen auf. Jetzt geht’s nach New York, jetzt beginnt unser Road Trip durch den Nordosten der Staaten und Kanada. Ein heftiges Gewitter über Miami verzögert das Boarding zwar, aber kurz vor 15 Uhr sitzen wir doch tatsächlich im Flieger von American Airlines.
Na also! Nur warum kommen nicht alle Passagiere an Bord und warum wird die Türe nicht geschlossen? Und warum werden wir überhaupt nicht informiert? Warum tuscheln die Flugbegleiterinnen immer? Warum schlendert der Captain durchs Flugzeug? Und warum werden jetzt kurz nach 15 Uhr alle Gepäckstücke wieder ausgeladen, stellt Daniel beim Blick aus dem Fenster mit zunehmendem Unwillen fest? Als dann um 16.00 eine Durchsage erfolgt, dass wir alle das Flugzeug verlassen- und zurück ins Flughafengelände können, reichts uns.
Planänderung
Wir kommen auch heute nicht weg, prognostiziert Daniel. Wollen wir uns wieder vertrösten lassen, warten bis in die Nacht und womöglich ein weiteres Mal stranden? Das ist absolut keine Option. Eine Alternative muss her! Also nichts wie hin zum Mietwagenverleiher Dollar. Unser Plan ist, den Mietwagen hier in Miami zu übernehmen und dann in New York zurückgeben. Señor Luis hört sich unseren Wunsch an, schaut mit sorgenvollem Blick auf seine Daten im Computer und meint dann mit Bedauern, dass er die Buchung leider nicht ändern kann. Das könne nur die Firma bei der wir wie immer gebucht haben und die sitzt in Deutschland. Wir sollen dort anrufen. Fehlanzeige, denn in Europa ist es unterdessen tiefste Nacht und es meldet sich nur ein Tonband.
Ich fühle mich wie erschlagen. Wann wache ich aus diesem Alptraum auf? Das kann doch alles nicht sein. Wo ist die Ausfahrt aus diesem Tunnel?? Also wieder zurück zu Señor Luis. Wie erwärmt man ein südamerikanisches Herz? Genau, man erzählt ihm von der Odyssee, unserem unverschuldeten Stranden, der Gleichgültigkeit der Fluggesellschaft, dass wir seit beinahe zwei Tagen an diesem verflixten Flughafen sind, notabene ohne Gepäck, Kleider und Toilettenartikel, kaum geschlafen haben, schlicht von unserer Verzweiflung und verzweifelt bin ich unterdessen wirklich. Und ein weiteres Mal treffen wir auf einen hilfsbereiten und zuvorkommenden Menschen, der Mitleid hat, der ebenfalls schlechte Erfahrungen mit American Airlines erlebt hat, der die Vorschriften ausser Acht lässt und uns das Mietfahrzeug ohne Zusatzkosten umschreibt. Gracias Señor Luis und gehen sie mit ihrer Frau auf unsere Kosten etwas trinken, bitten wir den freundlichen Kolumbianer.
Wo ist das Gepäck? In New York!
Jetzt das Gepäck abholen und dann ein Hotel suchen, meint Daniel mit neuem Schwung. Ihr Gepäck befindet sich in New York, flötet die Dame am Schalter. Hääää, wie bitte!?! Wir kommen hier nicht weg, unser Gepäck aber schon?? Unglaublich, aber unterdessen kann uns nichts mehr schocken! Eine Stunde später erklären wir dem Herrn am Schalter, wie unser Gepäck aussieht, dass wir es gerne pronto hätten und hier am Flughafen abholen wollen. Ich brauche eine Adresse, meint der Herr. Aha! Wir haben aber noch gar kein Hotel, also noch keine Adresse. Wir wollen es einfach wieder hier am Flughafen abholen. Ganz schlecht, meint der Angestellte, das System braucht eine Liefer-Adresse. Geben wir halt die Adresse des letzten Hotels an, aber unsere Telefonnummer, damit man uns anrufen kann. So passt das, so wird es notiert und so ist es versprochen.
Mit Mietwagen und unterdessen bei Dunkelheit geht es auf Hotelsuche. Nach dem vierten Anlauf klappt es, wir finden eine bezahlbare Unterkunft in der Nähe des Flughafens. Noch schnell etwas essen und dann sinken wir ein weiteres Mal todmüde in die Kissen.
Kleider shoppen
Unterdessen zeigt der Kalender den 25. Juli und Tschudins stehen – immer noch in denselben Klamotten!! in einer Shopping Mall um ein paar Kleidungsstücke und Toilettenartikel zu kaufen, bis wir unser Gepäck zurückbekommen. Auch ein schönes Zimmer im La Flora Hotel finden wir, unten in Miami Beach. Zum ersten Mal schnaufen wir etwas durch und unsere Nerven beginnen sich zu beruhigen. Anderntags piepst Daniels Handy und ein Mann am anderen Ende der Leitung erklärt, dass er das Gepäck abliefern wollte, uns aber in diesem Hotel nicht erreichte…. Die Abmachung war doch eine ganz andere, stöhnt Daniel. Und klar traf man uns dort nicht mehr an. Er buchstabiert mindestens dreimal die neue Adresse und hofft, dass alles richtig verstanden wurde. Der Fahrer verspricht, dass uns das Gepäck am anderen Nachmittag zugestellt wird.
Wir informieren Carlos, den Manager des Hotels über das Eintreffen der Koffer. Auf sein interessiertes Nachfragen erzählen wir ihm unsere Geschichte. Ungläubig schüttelt er den Kopf und wiederholt immer wieder sein Mitleid mit uns und unserer Situation. Er will unbedingt auch noch selbst anrufen und sich überzeugen, dass das Gepäck kommt. Auch ihm wird zugesagt, dass es spätestens in der Nacht abgegeben wird. Und tatsächlich, am Morgen des 27. Juli sind Tschudins und ihr Gepäck wiedervereint!! Nach 4 Tagen beginnen jetzt endlich die Ferien und der Roadtrip von Miami nach New York.
Nightmare (not Breakfast) in America!
USA ein Entwicklungsland?
Anscheinend sind die freundlichsten
und hilfsbereitesten Menschen die Immigranten!
Shame on you American Airline
😀 Pardon, aber da musste ich kurz lachen – ich kenne das Problem höchstselbst! Bei uns war’s der Blizzard (welcher allerdings erst Stunden später einsetzte!). Und so strandeten wir in New York (es gibt wohl schlimmere Destinationen) udn durften das Hotel ebenfalls selber suchen. „Not our business…“
Ich wünsche Euch weiterhin gute Reisen 🙂
Herzliche Grüsse aus Schaffhausen
Richi
Hallo ihr Beiden, schön nach so langer Zeit ein Lebenszeichen im WWW gefunden zu haben. Ich hoffe es geht Euch gut und ihr könnt Euch an mich noch erinnern. Viele Grüße derzeit aus Delray Beach Florida. Holger Herwig
Hallo Holger, freuen uns über Dein Lebenszeichen. Und klar können wir uns an Dich erinnern. Liebe Grüsse aktuell aus Carriacou, Martina und Daniel