Absturz auf Conception Island

Eben bin ich mit dem Abwasch fertig und auf dem Weg nach draussen, da erschreckt mich ein lauter Knall ganz gehörig. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie etwas Weisses von oben herab segelt, auf dem Wasser aufklatscht und dort bewegungslos liegen bleibt. Beim genauer hinschauen wird mir klar, dass das einer dieser wunderschönen weissen Tropicbirds ist, deren tollkühne Flugmanöver wir schon seit unserer Ankunft so bewundern. Doch dieser arme Kerl muss seine Künste komplett überschätzt haben und ist dabei wohl frontal in unser Rigg geknallt. Daniel hat bereits das Beiboot zu Wasser gelassen und wir brechen sofort auf zur Mission Vogelrettung. Zum Glück lebt das arme Federvieh noch! Völlig groggy schaut er mich an und lässt sich fast widerstandslos aus dem Wasser ziehen. Während der Fahrt zurück zum Boot liegt er ohne einen Wank zu tun auf meinen Beinen.

Tropicbird auf Conception Island

Auf den ersten Blick scheint er nicht schwer verletzt zu sein, nur der leuchtend gelbe Schnabel ist am Spitz etwas angeknackst. Und von dort sind ein paar Blutstropfen auf sein weisses Brustgefieder getropft. Wir dürfen ihm weder Wasser noch Futter verabreichen, sondern müssen ihn etwa zwei Stunden ruhig und dunkel lagern, gibt mir Daniel die entsprechenden Anweisungen aus dem Internet wieder. Als wir dann kurz nach 12 Uhr ganz vorsichtig und gespannt die Decke von der Wäschezeine wegziehen, sitzt der schöne Vogel bereits viel munterer auf der orangen Decke. Zwar schaut er uns ganz neugierig an, macht aber keine Anstalten sein neues Zuhause verlassen zu wollen. Wir sind noch am überlegen, ob wir ihn eventuell doch besser an Land bringen sollten, da lässt sich der Vogel mit seinen entenähnlichen Füssen unvermittelt aus der Zeine und über Bord rollen.

Restart nach Absturz

Und plumpst zu meinem Entsetzten doch schon wieder ins Wasser! Mir bleibt fast das Herz stehen und ich bin sicher den Vogel erneut retten zu müssen. Doch weit gefehlt! Zuerst noch mit etwas unbeholfenen Flügelschlägen hebt unser Patient ab und fliegt dann hoch hinauf zu seinen Kollegen, die in luftiger Höhe ihre Kreise drehen. Fast scheint’s sie hätten dort auf ihn gewartet. Daniel weiss unterdessen, dass der White Tropic Bird aufgrund seiner Körperform gar nicht laufen kann und sich die meiste Zeit seines Lebens in der Luft oder dem Wasser aufhält. Nur für die Brutpflege kommen diese Tiere an Land, respektive leben eine Zeit lang auf Bäumen. Das wäre ja eine Tragik gewesen, wenn wir ausgerechnet hier, auf der Vogelschutzinsel Conception, indirekt für den Tod eines Vogels verantwortlich gewesen wären, sagen wir uns mit grosser Erleichterung.

Wiedersehen im Chat’n Chill

Im Chat'n Chill mit Hajot Und Ute von der SY Taimada

Ja, wir haben es doch tatsächlich doch noch nach Conception Island geschafft. Ich habe ja nicht mehr daran geglaubt und war etwas enttäuscht, dass wir von Cat Island aus «nur» Georgetown auf den Exumas bequem erreichen konnten. Über dreihundert Boote ankerten am 19. Februar rund um diesen Hotspot und ein Segelmasten Wald wie damals auf Martinique empfing uns. Apropos Martinique, eines dieser Segelboote vor Anker war die Taimada. Und Ute und Hajot trafen wir 2019 zum letzten Mal eben dort. Die Freude über das Wiedersehen war beiderseits riesig und wurde am Abend ausgiebig bei Ribs und kaltem Bier im Chat’n Chill gefeiert.

Conception Island

Beim Geniessen des Sonnenunterganges und mit den Füssen im weichen Sand stellten wir fest, dass wir dasselbe Ziel haben. Denn das Wetter ermöglichte uns tatsächlich, Conception Island anzulaufen. Nach einem langen und einsamen Spaziergang vom Ankerplatz beim Sanddollar Beach auf die andere Seite von Stocking Island hoben wir dann am 21. Februar frühmorgens den Anker, setzten die Segel und machten uns auf die knapp 40 Seemeilen lange Fahrt in nordöstlicher Richtung.  Mit uns wie schon so oft die englische Tortuga und die deutsche Pia. Knapp zwei Stunden später hiess es dann über Funk Abschied nehmen von Dorothée und Peter, die ihre Fahrt in Richtung Rum Cay und später zur Dominikanischen Republik fortsetzten.

SY Pia

Sieben Stunden nach der Abfahrt fiel unser Anker in der grossen West Bay ins glasklare Wasser. Das Begrüssungs- Komitee bestand aus einem kleinen Ammenhai, der neugierig ein paar Runden um Vairea drehte bevor er sich wieder davonmachte.

Ankerplatz Conception Island

Anders als bei unserem ersten Besuch auf dieser Vogel-Naturschutzinsel vor zwei Jahren ist der Ankerplatz dieses Mal gut belegt und am südlichen Ende ankert sogar ein kleineres Kreuzfahrtschiff von National Geographic. Kein Wunder ist die Lagune, das Highlight von Conception entsprechend voller als damals. Und nicht ganz überraschend bei so vielen Leuten sehen wir dieses Mal nur gerade einen kleinen Hai und eine Handvoll Schildkröten.

Genusstage auf Conception Island

Conception Island

Tagsüber geniessen wir herrliche Spaziergänge dem langen Sandstrand entlang und am Abend sehen wir die Sonne blutrot im Meer versinken. Freuen uns über den Besuch von Ute, Hajot, Allison und Derek bei uns oder werden von der Taimada-Crew mit einem hochprozentigen Hausdrink verwöhnt. Und dieses Mal soll es auch mit dem Besuch der Unterwasserwelt klappen. Wir wechseln dafür an die Südseite der Insel, wo der Anker neben den Tauchbojen in den sandigen Untergrund fällt und wir uns direkt vom Boot aus ins Wasser fallen lassen können. Das komplette Tauchgerödel ist gecheckt und wir bereit nach der Taimada-Crew ins Wasser zu springen. Doch wie aus heiterem Himmel beginnt sowohl mein Atemregler wie auch der Octopus Luft abzulassen. Rein gar nichts hilft auf die Schnelle und so bleibt mir schlussendlich nichts anderes übrig, als mich wieder auszuziehen und den Dreien etwas enttäuscht nachzuschauen wie sie unter Wasser verschwinden.

Tauchen im Süden von Conception Island

Wieder zurück an Bord schwärmt Daniel von der unglaublichen Sicht und den vielen intakten Hartkorallen. Doch für mich naht Trost! Zum einen machen Dani und Hajot meine Atemregler wieder fit und zum anderen ermöglicht uns die aussergewöhnliche Wetterlage einen weiteren Schlag in östlicher Richtung. Und dort liegt knapp 40 Seemeilen entfernt San Salvador. Das Tauchparadies der Bahamas, schwärmt uns Ute vor. Etwas ärgerlich ist, dass sowohl unser wie auch der Tauchkompressor an Bord der Taimada nicht funktionieren. Doch das sollte ja eigentlich kein Problem sein, glauben wir alle. Denn wo viele Taucher sind, da werden mit Sicherheit auch unsere Tauchflaschen gefüllt. Und so machen wir uns am letzten Februartag und mit dem ersten Morgenlicht ganz zuversichtlich auf den Weg eine neue Insel und ihre grandiose Unterwasserwelt zu entdecken.

Februar 2023 in Conception Island

Unsere Reise im Überblick Unsere Schatzkiste

2 Kommentare zu „Absturz auf Conception Island“

  1. Graziella Schaffer

    Hallöchen ihr Lieben
    Wiederum ein spannender Bericht über die eindrückliche Natur

    Ich wünsche euch weiterhin viel Spass und tolle Gegebenheiten!

    Liäbs Grüssli

    Graziella und Heinz

    1. Martina & Daniel

      Hallo liebe Freunde
      Auf dieser Insel wird der Schutz gross geschrieben, was uns sehr freut. Nichts mitnehmen und vor allem nichts da lassen, steht angeschrieben. Damit ist vor allem der leidige Abfall gemeint. Und so können die Vögel dort wundervoll leben, wenn sie nicht gerade in die Riggs von Segelbooten knallen ;-))
      Herzliche Grüsse

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