Auf dem Weg von Petit St. Vincent nach Carriacou, was so viel heisst wie „Insel der Riffe“, bleibt uns gerade genug Zeit, die Flagge von Grenada aufzuziehen. Es sind aber auch nur etwas mehr als 10 Seemeilen, praktisch einmal ums Eck herum und das Ganze bei tollem Rückenwind. Wir konstatieren; SO macht segeln richtig Spass. Erst kurz vor der grossen Tyrell Bay bergen wir unsere Segel und werfen unseren Anker hinter der österreichischen SY Isis. Wir schätzen, dass vermutlich 1/3 der vor Anker liegenden Schiffe abgestellt, also nicht bewohnt sind. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Ankerbucht gut geschützt sein muss. Passt!
Carriacou – Positive und gelassene Inselstimmung
Zwar sind wir nur einen Katzensprung von St. Vincent und den Grenadinen entfernt, aber augenscheinlich in einer anderen Kultur. Der deutlichste Unterschied: es hat keine Boatboys! Genau ein einziges Mal kommt ein älterer Fischer bei uns vorbei und bietet uns seinen Fang an. Auch an Land ist nichts von der gewohnten Betriebsamkeit anderer Inseln zu spüren. Es kommt uns vor, als liegt über dieser Insel ein Zelt der Gelassenheit und Entspannung. Auch zeichnet die Leute hier eine gewisse Zurückhaltung gegenüber uns Besuchern aus. Die positive und gelassene Stimmung macht Freude und löst ein gutes Gefühl aus.
Alexis – ein richtiger Supermarkt
Die einzige, die wie ein aufgescheuchtes Huhn herumhüpft und vor Freude gackert, bin ich. Der Grund heisst Alexis! Nein, kein Mann, sondern ein Palast der Gelüste – ein Hort der Begehrlichkeiten und der Feinschmeckerei oder ganz einfach ein Supermarkt! Ja, nach einigen Wochen mit sehr beschränktem Lebensmittelsortiment leidet Frau durchaus ein wenig unter Entzug. Capitano kann gar nicht so schnell schauen, wie ich schon mitten im Schlemmerparadies stehe.
Ein Besuch mit leerem Magen? Ganz schlechte Idee. Darum erst Frühstück, dann Einkauf. Zum ersten Mal seit Monaten wieder Joghurts, Crème fraiche und Rahm. Entdecke sogar unsere gute Schweizer Ovomaltine im Regal. Frischer Brokkoli, Blumenkohl, Auberginen und Peterli. Roastbeef, Pastrami oder Salami liegen in der Auslage und rufen „nimm mich“. Mir treibts das Wasser im Mund zusammen. Und bei diesen Preisen gehen die EC-Dollars ganz locker über die Ladentheke. Denn interessanterweise ist hier alles um ein vielfaches preisgünstiger wie in St. Lucia oder St. Vincent. Oder, was nicht ganz von der Hand zu weisen ist, wir wurden in diesen zwei Ländern wohl ganz gehörig über den Tisch gezogen. Lehrgeld zahlen, nennt man das wohl.
Hillsborough – Hauptort von Carriacou
Judy von der SY Isis hat Geburtstag und wir sind zum Mitfeiern eingeladen. Sie und ihr Mann Günther haben ins Slipway, einem baumhausähnlichen Restaurant direkt am Wasser geladen und wir geniessen einen kulinarisch ausgezeichneten und freundschaftlichen Abend zu Viert.
Wie wäre es, mit einem dieser kleinen Busse über den Hügel nach Hillsborough zu fahren, fragen uns die Männer. Gute Idee, denn mit unseren Booten werden wir wohl nicht mehr dort vorbeikommen. Und so stehen wir am anderen Morgen kurz nach 9 Uhr an der Strasse und müssen nichts weiter tun, als zu warten. Schon hören wir eine Autohupe und kurz danach stoppt einer dieser Kleinvans neben uns. To Hillsborough fragen wir den Sitzplatzanweiser, Türöffner und Geldeintreiber in Person, der sich aus dem Fenster lehnt. Nichts wie rein, für knapp 3.50 EC$ pro Person geht’s dann flott auf der schmalen Strasse über den Berg in den Hauptort von Carriacou.
Nach dem etwa 2-stündigen Rundgang stellen wir fest, dass fast jedes Wohnhaus auch einen Laden oder eine Bar beherbergt. In diesen oft winzig kleinen Läden wird ein Sammelsurium von Waren feilgehalten. Es gibt sicher fünf Geschäfte mit einem sehr guten Sortiment an Haushaltwaren. Die Tourismusinformation bietet ein freies WiFi an. Auf Carriacou werden Schildkröten gejagt und gegessen. Die Preise für Bier sind in den Bars fast 1/3 günstiger wie auf den vorangegangenen Inseln. Der Beamte in der Post gibt zu den Briefmarken Leim in die Hand, damit man die Briefmarken aufkleben kann. Hillsborough ist ein sehr schmucker Ort.
Sandy Island
Der Blick vom Strand und von der Butterfly-Bar hinüber auf das vorgelagerte kleine Sandy Island weckt den Wunsch, noch einige Tage dort zu ankern, die Möglichkeit zu schwimmen und zu schnorcheln. Die Crew der SY Isis nimmt anderntags den Anker auf und fährt schon los Richtung Grenada. Wir biegen in die andere Richtung ab und motoren um die Ecke nordwärts. Der Name Sandy Island ist irreführend, denn in Tat und Wahrheit handelt es sich nur um eine von Palmen bewachsene Sandbank in einem Naturreservat, gleich gegenüber des Paradise Beach, der seinen Namen definitiv nicht gestohlen hat.
Sandy Island wurde 2004 vom Hurrikan Ivan komplett zerstört, Pflanzen und Bäume sind aber unterdessen wieder gut nachgewachsen. Ein Ort der Ruhe und Abgeschiedenheit mit glasklarem Wasser und einer wunderbaren Unterwasserwelt. Teilweise sehe ich beim Schnorcheln den Sandboden nicht mehr, so viele Schwarmfische umhüllen mich wie eine Wolke. Nach 2 herrlichen Tagen in diesem kleinen, unberührten aber auch sehr windigen Paradies nehmen wir am 11. Mai unseren Anker auf – Grenada ruft!
Die letzte Destination unserer ersten Karibiketappe. Die Gewürzinsel, wo unsere Vairea am 2. Juli aus dem Wasser kommt und der Ort, wo wir unser Zuhause wegen der Hurrikansaison erstmalig für eine längere Zeit verlassen werden.